Thesenpapier
Ein Text von Alternativgruppen für Alternativgruppen
Gegen Ende der 1970er-Jahre haben wir unser THESENPAPIER verfasst und es ist bis heute aktuell geblieben! Ohne unser Mastermind Peter Pritz wäre das nicht möglich gewesen.
Vorwort
Die Buchläden sind voll mit Materialien über gesellschaftliche Alternativen, die Umweltproblematik, Ökologie und Wachstumsgrenzen. Sanfte Technik auf alternativen Lebensstil. Zahlreiche Gruppen verfassen eigene Broschüren und Texte und werben damit für ihre Ideen.
Was soll also bei einem so gesättigten Markt ein zusätzliches Papier wie dieses? Sollte man seine Energien nicht besser in konkrete Aktionen stecken als in die Produktion von bedrucktem Papier?
Sicherlich mehr Praxis täte not. Was aber den vorliegenden Text unseres Erachtens rechtfertigt, sind folgende Gesichtspunkte:
Da er als Werkstattpapier konzipiert ist, braucht er keinen Anspruch zu erheben, fertig und ausgereift zu sein; es kann und soll beliebig erweitert, ergänzt oder verändert werden. Er drängt den Leser nicht in die passive Rolle des Konsumenten, sondern fordert zur Bearbeitung auf.
Es ist ein Text von Alternativgruppen für Alternativgruppen. Er entstand in weiten Bereichen nicht auf dem grünen Tisch, sondern als Ergebnis gruppenintensiver Diskussionen und eines beginnenden Dialoges zwischen einzelnen Alternativgruppen. Er könnte für die Intensivierung eines solchen Dialoges nützlich sein, auch in der Form von Widerspruch und Kritik.
Er versucht die Breite der Palette von Alternativentwürfen einigermaßen deutlich zu machen. Dadurch kann der oft gehörte Vorwurf entkräftet werden, die Alternativbewegung interessiere sich nur für einen kleinen Sektor der gesellschaftlichen Wirklichkeit.
Er ist handlungsorientiert aufgebaut und enthält einen Katalog persönlicher Bereitschaft und politischer Forderung für jeden Bereich. Er ist aber auch keine oberflächliches Kochbuch für alternativen Leben, weil die Frage nach den gesellschaftlichen Ursachen immer mitgestellt wird und Prinzipien für eine Veränderung des Bestehenden entworfen werden.
Der Text ist stark schematisch aufgebaut; dies deshalb, weil viele daran gearbeitet haben und ein Strukturrahmen notwendig war, aber auch weil sich dadurch die Griffigkeit des Textes erhöht und die weitere Diskussion in einem größeren Rahmen erleichtert wird.
Die einzelnen Textbereiche sind in vier Sektoren gegliedert, welche das Thema aus der Perspektive
- der Analyse
- der Ziele
- des Handelns und
- der politischen Forderung
beleuchten.
Der erste Aussageblock beginnt immer mit:
„Wir stellen fest“
Es ist der Versuch einer kurzen, wegen der Kürze zwangsläufig ins pauschale gehenden Analyse des jeweiligen Problemkreises. Die Fehlentwicklung wird sichtbar gemacht. Ihre Hintergründe und Ursachen ausgeleuchtet. Sicherlich ist bereits in der Art der Kritik der eigene gesellschaftspolitische Standpunkt impliziert. Dieser wird aber im zweiten Abschnitt deutlicher herausgearbeitet.
In diesem Abschnitt, der mit
„Wir sind überzeugt“
überschrieben ist. drücken wir aus, wie wir uns eine Lösung der Probleme prinzipiell vorstellen, in welche Richtung und mit welchen Mitteln gearbeitet werden müsste. Hier wird der Entwurf für eine alternative Entwicklung in großen Linien komponiert, um dann in den beiden letzten Abschnitten konkretisierten und verfeinert zu werden.
Im dritten Abschnitt drücken wir unsere Bereitschaft aus, uns konkret und persönlich zu engagieren und mit der Veränderung, die wir wünschen, bei uns selber zu beginnen.
„Wir sind bereit“
ist der Versuch, aus den Prinzipien reale Schlüsse auf unser eigenes Leben, auf unser Verhalten zu ziehen, sie ernst zu nehmen. Die Ansprüche sollen sich dabei nicht an irgendwelchen Supermenschen orientieren, die mit dem kleinen Finger alles ganz ganz anders machen, sondern an uns selber, mit unseren Widersprüchen, Schwächen und Abhängigkeiten in vielfacher Hinsicht dem herrschenden Lebensstil verhaftet.
Nichts schwächt die Glaubwürdigkeit eines Standpunktes mehr, als wenn die politische Doktrin und der persönliche Lebensstil total auseinander klaffen.
Wir halten die Identität von Reden und Tun, von Theorie und Praxis für entscheidend wichtig und meinen, dass derjenige, welcher von anderen etwas fordert, selber mit seinem Beispiel vorangehen sollte.
Damit erteilen wir einer gewissen Denkweise und „Theorie“ eine Absage, die alles auf die Strukturen schiebt und die Gewichtung des persönlichen Verhaltens als „idealistisch“ abtut. Heute muss, vielleicht mehr denn je, die Veränderung von unten, von der Basis her beginnen, als Summe vieler einzelner Verhaltensänderungen, wobei sich die Handlungsmöglichkeiten sichtbar vom Produktions- in den Reproduktionsbereich (Wohnen, Freizeit usw.) verschieben.
Gleichzeitig ist uns aber sehr bewusst, dass persönliches Verhalten allein noch lange keine falschen Strukturen ändert, keine Fehlentwicklungen aufhalten kann.
Erst die Einheit von persönlicher Bereitschaft und politischer Forderung kann unserer Überzeugung nach jene gesellschaftliche Sprengkraft erzeugen, die notwendig ist, um den verhärteten „Status-quo-Zement“ aufzubrechen.
„Wir fordern“
lautet deshalb die Überschrift des vierten und letzten Abschnittes.
Dieses Forderungsprogramm ist somit Ausdruck unserer Politik, unserer politischen Zielvorstellungen.
Wir haben uns nach ausführlicher Diskussion auf 10 Bereiche festgelegt, die uns einerseits gesellschaftlich relevant erschienen und andererseits konkrete Handlungs- möglichkeiten bieten.
Es sind dies die Bereiche
- Lebens- und Wirtschaftsstil
- Konsumverhalten, Freizeit
- Arbeitswelt, Arbeitsplatz
- Wohnen, Zusammenleben
- Auto & Verkehr
- Energie
- Ernährung, Gesundheit
- Bildung, Erziehung
- Umwelt, Ressourcen
- Solidarität, 3.Welt, Menschenrechte
Uns ist klar, dass damit keineswegs die gesamte gesellschaftliche Wirklichkeit abgedeckt ist. Es war aber auch nie daran gedacht, ein lückenloses Programm zu erarbeiten. Möglicherweise ergeben sich in der weiteren Diskussion noch zusätzliche Bereiche (Gewalttätigkeit/Militarismus, Demokratie, Kultur, Feminismus), die wir in einer späteren Fassung ins Thesenpapier aufnehmen wollen.
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Unser Lebens- und Wirtschaftsstil
Vorbemerkung: Das meiste von dem, was hier gesagt wird, wird in anderen Kapiteln nochmals in der einen oder anderen Form anklingen und dort näher ausgeführt werden. In diesem Sinne stellt es eine Art Einladung zu den folgenden Kapiteln dar.
Wir stellen fest
Wenn man den Begriff „Lebensstil“ verwendet und ihn noch dazu mit dem Wörtchen „unser“ versieht, muss man sich im klaren sein, dass es in unserer Gesellschaft auf Grund der sozialen und wirtschaftlichen Stellung sehr unterschiedliche Lebensstile gibt. So unterscheidet sich der Lebensstil der reichsten zehn Prozent gewaltig von dem der ärmsten zehn Prozent unserer Bevölkerung. Wenn wir uns also von „unserem“ Lebensstil sprechen, so ist dies nur zulässig und zutreffend für die Mittelschicht, die allerdings heut die große Mehrheit der Bevölkerung ausmacht und damit gesellschaftlich bestimmend ist. Innerhalb dieser breiten Mittelschicht gibt es durchgängige Verhaltensmuster, nach denen sich der Großteil der Menschen in ihren Lebensvollzügen und Zielsetzungen ausrichten. Der einzelne wird maßgebend von seiner sozialen Umgebung geprägt. Eine Gesellschaft funktioniert umso reibungsloser, je freiwilliger die einzelnen mitspielen. Pointiert ausgedrückt: Wenn jemand seine Unfreiheit wünscht, ist die Beherrschung vollkommen. Die Tatsache, dass Millionen Menschen die gleichen Laster haben, macht diese noch nicht zu Tugenden. In vielen Bereichen scheint diese Situation auf unsere Gesellschaft zuzutreffen. Kritische Urteilsfähigkeit, geistige und materielle Unabhängigkeit, Mitbestimmung und Partizipation, Eigenständigkeit und Individualität stehen in unserer Gesellschaft nicht an vorderster Stelle der Werthierarchie. Vielmehr wird Einfügung und Anpassungsfähigkeit, Uniformität im politischen und sozialen Verhalten, Disziplin im Arbeitsprozess, eine nicht nachlassende Orientierung auf Erwerb, Besitz und Konsum gesellschaftlich gewünscht und entsprechend durch Status honoriert. Das Industriesystem hat einen Menschentyp geschaffen, der weitgehend an die Notwendigkeit des auf Expansion ausgelegten Produktions / Kosumationsapparates angepasst ist: einen disziplinierten Arbeiter und disziplinierten Konsumenten, dessen Bedürfnis nach Individualität im Rahmen der Vermarktung Rechnung getragen wird (Stichwort Mode). So ist auch klar, dass Lebensstil und Wirtschaftssystem innigst zusammenhängen, und zwar durchaus so, dass eine wechselseitige Beeinflussung möglich ist. Gemessen am Anspruch, wie er etwa in der Werbung sichtbar wird, nämlich die Menschen „total superglücklich“ zu machen, ihr ewig-junges Leben zu einem einzigen „herrlichen Abenteuer“ zu gestalten, ist diese Art zu leben und zu wirtschaften ungeheuer ineffizient, ja sogar, wenn man es schärfer formulieren will, ein Betrug. Die steigende Zahl der Selbstmorde, der Griff nach Rauschgift und Alkohol, Jugendkriminalität, die beängstigende Zunahme psychosomatischer Erkrankungen sind ebenso unbestechliche Indikatoren für diese Entwicklung wie die immer sichtbarer werdenden Umweltschäden und über den Kopf wachsenden Müllhalden. Ein solcher Lebensstil, des „Kapitalismus en miniature“ schafft nicht nur krankmachende ständige Unzufriedenheit, er ist auf Dauer gesehen auch völlig unhaltbar, weil er im Begriffe ist, alles zu zerstören. Diese ungeheuer gefräßige Produktions/Konsumations/Destruktionsmaschinerie hat ihr eigenes Wachstum zum obersten Ziel gemacht. Zu diesem Zwecke „verwertet“ sie unaufhörlich menschliche, natürliche, biologische, ökologische, materielle wie nichtmaterielle Ressourcen, bis der Planet geplündert ist.
WIR SIND ÜBERZEUGT
Wir brauchen einen neuen Lebensstil, der, wie wir gezeigt haben, auch gleichzeitig ein neuer Wirtschaftsstil sein muss. Das ist durchaus eine Frage des Überlebens. Ein neuer Lebensstil müsste ein einfacher Lebensstil sein. Das heißt nicht zurück ins Mittelalter oder auf die Bäume. Es heißt, die Prioritäten anders setzen. Nicht das Haben entscheidet, sondern das Sein. Es gibt ein kritisches „Quantum“ des Güterkonsums. Wird es überschritten, nimmt die Qualität des Lebens ab. Einfachheit, im materiellen Bereich ermöglicht Reichtum und Fülle im geistigen, emotionellen Bereich. Ein neuer Lebensstil müsste ein maßvoller Lebensstil sein, er akzeptiert Grenzen. Wachstum ist kein Wert an sich. Das Gute soll wachsen, das Schlechte eher abnehmen. Unter diesem Gesichtspunkt kann weniger mehr sein. Ein neuer Lebensstil wird solidarisch sein, solidarischer jedenfalls und brüderlicher als wir es bisher praktiziert haben. Das Konkurrenzprinzip im kleinen wie im großen muss tendenziell überwunden werden. Es gibt eine menschlichere Art miteinander zu verkehren als den Kampf jeder gegen jeden zu praktizieren. Solidarischer Lebensstil heißt auch besondere Rücksicht auf die Schwachen, Unterprivilegierten, Randständigen. Das ist ein sehr wirksames Heilmittel gegen die oft lächerliche Aufholmentalität nach oben hin. Ein neuer Lebensstil strebt die sanfte Alternative an, was den Umgang mit der Natur und ihre technische Beherrschung betrifft. Das bedeutet die Einbindung unserer Aktivitäten in das ökologische Kreislaufprinzip, die Anwendung sanfter, umweltfreundlicher Technologien und das Umsteigen auf regenerierbare Energiequellen. Der sanfte Weg im Verhältnis des Menschen zur Natur hat seine Entsprechung im Prinzip der Gewaltlosigkeit in den sozialen und politischen Beziehungen. Ein neuer Lebensstil fördert dezentrale Strukturen, und hat zum Ziel, die einzelnen Lebensbereiche wieder überschaubar zu gestalten. Die Konzentrationsprozesse in der Wirtschaft, Hand in Hand gehend mit der Ausbildung immer mächtigerer Monopole, das Zusammenpacken der Menschen in riesige anonyme Wohnquartiere, die Vernichtung des Kleingewerbes und Kleinhandels durch Großfirmen und Supermärkte, die Zerstückelung des Lebensablaufes in Grundfunktionen, die örtlich auseinanderfallen und den Menschen zu übermäßiger Mobilität zwingen, das alles sind bestimmende Faktoren von Entfremdung. Große Einheiten mögen kurzfristig und ohne Einbeziehung der Sozialkosten rentabler sein. In jedem Fall ermöglichen sie ihren Verfügern eine größere Ausübung von Macht. In diesem Sinne ist klein nicht nur „schön“, sondern auch demokratiefördernd.
Wir sind bereit
Wir sind bereit zu einem Lebensstil, der sich nach den vorhin aufgezählten Prinzipien der Einfachheit, Selbstbegrenzung, Solidarität, Gewaltfreiheit gegenüber Natur und Mitmensch, Überschaubarkeit und Dezentralität ausrichtet. Was das konkret für uns bedeutet, versuchen wir in den folgenden Kapiteln zu beschreiben. Wir sind bereit, auf einen ständigen Zuwachs unseres Einkommens zu verzichten, wenn gleichzeitig alle Anstrengungen unternommen werden, die unteren Einkommen auf den Durchschnitt anzuheben und die oberen Einkommen zu limitieren. Wir sind bereit, dort wo wir als Berufstätige eine Einflussmöglichkeit auf den Produktionsprozess haben, darauf zu drängen, dass eine Wirtschaftsweise zum Tragen kommt, die sich nach den menschlichen Bedürfnissen und den Grenzen der natürlichen Umwelt ausrichtet und nicht nach dem Prinzip des höchstmöglichen Gewinnes. Wir sind bereit, uns aktiv an den politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, weil auch die Anteilnahme an den öffentlichen Dingen zu den Kriterien eines neuen Lebensstils gehört. Wir sind bereit, auf den Erwerb von Grund und Boden aus Spekulationsgründen oder aus Gründen der Bereicherung zu verzichten, weil der Boden unvermehrbar ist und daher gemeinschaftlicher Besitz sein sollte.
Wir fordern
Es wäre paradox, einen neuen Lebensstil zu fordern, weil dieser von unten her, durch persönliche Entscheidungen entstehen und sich entwickeln muss. Vielmehr sollte unsere Art zu leben eine (Heraus-)Forderung an die Umgebung und an die politischen Instanzen sein. Fordern kann man allerdings, dass die gesellschaftlichen Mechanismen, die von bestimmten Gruppen gezielt und absichtsvoll mit dem Ziel eingesetzt werden, den heute herrschenden Lebensstil zu verewigen, ja sogar ihn noch weiter zu treiben, verändert und entschärft werden. Wir fordern, dass Ansätze für einen neuen Lebensstil, wie es sie überall in der Welt bereits gibt, viel stärker als bisher über die Medien der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, weil gelungene Modelle entscheidend für die Attraktivität eines alternativen Lebensstils sind Wir fordern, die Unterstützung solcher funktionierender Modelle durch die öffentlichen Stellen, weil bekanntlich die Anfangsschwierigkeiten immer am größten sind. Wir fordern von unseren politischen Repräsentanten, dass auch sie und gerade sie, einen Lebensstil entwickeln, der mit den von ihnen verkündeten Programmen und Absichtserklärungen konform geht.
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Konsum und Freizeit
Wir stellen fest
Die wirtschaftliche Expansion vor allem der Nachkriegszeit hat in den industrialisierten Ländern des Westen zweifellos ein bisher nicht da gewesenes Wohlstands- und Konsumniveau geschaffen und materielle Not in gesellschaftliche Randschichten bzw. in die 3. Welt abgedrängt. Damit hat sich auch der gesellschaftliche Stellenwert des Konsums und der Freizeit entscheidend geändert.
Sieht man von einer kleinen privilegierten Schicht ab, diente früher die „Freizeit“ der Bevölkerung fast ausschließlich der physischen und sozialen Reproduktion (Ausrasten von der Arbeit und Kinderaufzucht), und „Konsum“ war identisch mit dem Kampf gegen Hunger und Not. Heute hat sich eine machtvolle und bestimmende Industriekultur entwickelt; eine Konsumgesellschaft in der das Verhalten der Menschen als Konsumenten gesellschaftlich dominant geworden ist. Die Lebens- und Wirtschaftsabläufe bewegen sich zwischen den beiden Polen Produktion und Konsum mit einer sich gegenseitig aufschaukelnden Tendenz. Mehr produzieren, um mehr konsumieren zu können, mehr konsumieren, damit mehr Produkte abgesetzt werden können, wobei heute der zweite Teil dieses Kreislaufes immer mehr Bedeutung erlangt. Das ganze Wirtschaftsgetriebe ist auf ein diszipliniertes Verhalten des Einzelnen als Produzent und als Konsument aufgebaut. Dieses Ziel hat de facto auch der gesellschaftliche Erziehungsprozess.
Ein eigener Industriezweig, die Kommerzwerbung, hat sich darauf verlegt, dem kaufkräftigen Konsumenten immer neue Produkte schmackhaft zu machen, neue Bedürfnisse zu wecken und um jeden Preis eines zu verhindern: Dass er einmal genug hat. Der nimmersatte Säugling, der ständig nach der Flasche schreit – auf diesem Bewusstseinsstand will die „Bedürfnisweckungsindustrie“ den Menschen fixieren.
Ein solcher „Imperialsmus nach innen“, auf ständiger Suche nach neuen Märkten und Absatzmöglichkeiten, macht Veschleißproduktion und künstliche Veraltung zur Methode. Man tanzt nach der Pfeife des Modezaren und Autodesigners.
In der Industriegesellschaft des späten Kapitalismus gibt es nur eine durchgängige Form von Kultur: die des Konsums, angetrieben vom Erwerbsdenken. Eine Beziehung zu Dingen oder auch Menschen ist nur mehr denkbar in Form von Aneignung, von in Besitz nehmen. Der Status, der zählt ist der des Besitzes. Auch die Freizeit ist zu einem Industrie- und Konsumartikel geworden. Autonome Freizeitgestaltung ist nicht gefragt, weil nicht vermarktbar.
Wir sind überzeugt
Wenn man über die Problematik des Konsums redet, sollte man sich nicht täuschen lassen: Die eigentliche Wurzel liegt in der Produktion, in der Art und Weise, wie aus welchen Motiven, unter welchen ökonomischen Gesetzen produziert wird. Einer gewinn- und überschussorientierten Produktion entspricht zwangsläufig auf der anderen Seite der Massenkonsum der Verschleiß und die Kommerzwerbung
Die Behauptung, dass jeder Konsument in seiner Entscheidung frei und souverän ist, ist eine Fiktion. Mangelnde Information, systematische Suggestion und Beein- flussung, gesellschaftliche Zwänge wie Statusdenken, aufgedrängte und eingeimpfte Werthaltung des „haben müssens“ und „Besitzens“ machen einen Großteil der Menschen bei uns immer abhängiger vom Konsumdiktat.
Wir meinen Produktion ist nur dann sinnvoll, wenn Bedarf vorhanden ist. Die Produktion von Bedarf, heute Werbung genannt, ist pervers. Deshalb muss der suggestiven Kommerzwerbung, die sich wie ein Schimmelpilz überall festzusetzen droht, entschieden begegnet werden. Denn der Konsum, wie er bei uns betrieben wird, ist Opium fürs Volk.
In einem kritischen Konsumverhalten liegt tatsächlich ein riesiges, heute noch weitgehend ungenütztes Veränderungspotential. Erst wer sich von den gröbsten Konsum- und Statuszwängen freigemacht hat, kann Energien freisetzen für ein gesellschaftliches oder soziales Engagement.
Kritischer Konsum ist einer der wichtigsten und besten Übungsfelder, um die „kleine Verweigerung“, die ein erster Schritt für eine „große Verweigerung“ sein kann, zu erlernen.
Wir sind bereit
Zu einem kritischen Konsumverhalten, bei allen Dingen, die wir kaufen und uns aneignen, fragen wir
ob wir diese tatsächlich brauchen
ob das Produkt zweckentsprechend und einfach ist
welche Auswirkungen es in Herstellung und Gebrauch auf die Umwelt hat
von wem es, wo, unter welchen Bedingungen hergestellt worden ist, wer wie viel daran verdient hat, usw.
Wenn wir auf Grund solcher Fragen zur Überzeugung gelangen, dass ein Produkt oder eine Ware mehr Schaden als Nutzen bringt, oder der Nutzen für uns sehr zweifelhaft ist, werden wir von einem Kauf absehen und auch unsere Umgebung auf dieses Zusammenhänge aufmerksam mach. Firmen, die stark in der Rüstung oder anderer destruktiver Produktion engagiert sind, wollen wir boykottieren, soweit es uns möglich ist.
Wir sind bereit zu einem maßvollen und solidarischen Konsumverhalten. Das heißt, dass wir unser Konsumniveau nicht ständig hinaufschrauben wollen, sondern schrittweise einen Standard anstreben, der unter Berücksichtigung der ökologischen und sozialen Randbedingungen für alle Menschen möglich und erreichbar ist.
Einfacher leben heißt für uns nicht Opfer und Entbehrung, sondern mehr Freiheit für menschliche Entfaltung.
Wir sind bereit, Produkten den Vorzug zu geben, die auf Haltbarkeit und Einfachheit ausgerichtet sind, aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden können, auch wenn sie möglicherweise in der Anschaffung etwas teurer sind. Beispielsweise Jutetaschen statt Plastik, Kinderspielzeug aus Holz, Gemüse und Obst aus dem eigenen Garten statt aus Übersee.
Wir sind nicht länger bereit, mit dem Diktat der Mode mitzugehen und den geplanten Verschleiß zu akzeptieren. Kleiner kann man auch länger tragen als eine Modesaison und Schuhe kann man auch genug haben.
Zu Weihnachten und anderen Festen, wo der Konsumzwang besonders schlimm ist, wollen wir zeigen, dass auch ohne aufwendige Geschenkartikel und ohne berstende Kühlschränke eine festliche Stimmung möglich ist.
Was das Essen und Trinken betrifft, sind wir zu einer generellen Mäßigung bereit. Den raffinierten Verlockungen der Genussmittelindustrie setzen wir einfache, gesunde, womöglich in unserer Umgebung produzierte Nahrungsmittel entgegen. Angesichts der Hungersituation in der Welt halten wir ein chronisches Überfressen schlicht für eine Schande.
Weil wir eingesehen haben, dass Millionen Tonnen Getreide für die Tierfütterung verwendet werden und dadurch den hungernden Massen in der 3.Welt abgehen – bekanntlich benötigt ein Tier für die Produktion einer Kalorie Fleisch sieben Kalorien pflanzlicher Nährstoffe – wollen wir unseren Fleischkonsum reduzieren. Vielleicht um die Hälfte unseres bisherigen Verbrauches.
Wir sind daran interessiert, dass der Kleinhandel nicht vollends von den Supermärkten verdrängt wird, weil eine dezentrale Versorgung ein wesentliches Prinzip eines neuen Wirtschaftsstils ist. Deshalb gehen wir bewusst auch in kleine Läden einkaufen, selbst wenn manche Produkte etwas teurer sind.
Wir finden es bedenklich, in welchem Ausmaß das Bedürfnis nach Freizeit und Erholung von den großen Industrien vermarktet worden ist. Deshalb wollen wir selber zeigen, mit welch geringem Aufwand Urlaub und Freizeit gestaltet werden können. Denn der größte Erholungseffekt kommt nicht aus einer passiven Konsumhaltung, sondern vielmehr durch schöpferische Aktivität. Für eine solche autonome Freizeitgestaltung gibt es unzählige Möglichkeiten.
Wir fordern
Einen wirksameren und mit größeren Kompetenzen ausgestatteten Konsumentenschutz. Die Produkte müssen alle für eine Kaufentscheidung wesentlichen Informationen enthalten, insbesondere über eventuelle gesundheits- und umweltschädigende Auswirkungen des Produktes (z.B. Abwasserbelastung bei Waschmitteln, krebserregende Stoffe in bestimmten Kunststoffen).
Wir verlangen in diesem Zusammenhang den Aufbau einer Art von Konsumentengewerkschaft, deren kritische Objektivität und Unabhängigkeit von Unternehmerinteressen durch die Konsumenten selber kontrolliert werden kann.
Wir fordern den Ausbau der bisherigen Konsumenteninformation im ORF und in den Arbeiterkammern, weil hier ein erster Ansatz für einen Konsumentenschutz gegeben ist.
Der Schlüssel zu einem veränderten, kritischen Konsumverhalten scheint uns aber in der Werbung zu lieben, wie wir das vorhin schon dargelegt haben.
Wir fordern deshalb eine gewisse Einschränkung der Kommerzwerbung und als langfristiges Ziel einen vollständigen Stop in den staatlichen Medien, weil es nicht ihre Aufgabe sein kann (auch nicht gegen gutes Geld), die Bevölkerung mit verdummenden Parolen zu füttern. Kurzfristig muss der jetzt gegenläufigen Tendenz, die Werbeblöcke noch mehr auszuweiten und amerikanische Verhältnisse zu schaffen, entschieden entgegengetreten werden.
In den privaten Medien sollte die Werbung mit hohen Gebühren belegt werden.
Werbung für objektiv schädliche Produkte (z.B. Zigaretten) ist wegen Sittenwidrigkeit zu verbieten. Ebenso Werbung, die sich gezielt an Kinder wendet (z.B. „nimm zwei“). weil diese am wehrlosesten den raffinierten Gags der Bedürfnisweckungsindustrie ausgeliefert sind.
Ebenso fordern wir, - nicht zuletzt aus Gründen des Landschaftsschutzes – ein generelles Verbot von Werbetafeln in den Ortschaften und im Freiland.
Wir halten ferner eine Gegenaufklärung zum Modediktat für nötig, weil hier in größtem Ausmaß Fremdbestimmung geschaffen wird und Ressourcen verschwendet werden. Vielfalt und Individualität brauchen nicht von Paris proklamiert werden.
Wir fordern ordnungspolitische Maßnahmen, die das kleine dezentrale Handwerk zur Erstellung dauerhafter Güter aus naturnahen Produkten vor dem völligen Aufsaugen durch die großen Konzerne schützt; ebenso raumordnungspolitische Maßnahmen zum Schutz des Kleinhandels und zur Förderung von Produzentenmärkten. (Beispielsweise keine weiteren Widmungsbewilligungen für Supermärkte und Einkaufsstädte, die geeignet sind, den Menschen vollends zum „homo consumens“ werden zu lassen).
Wir fordern strukturpolitische Maßnahmen, die der weiteren Konzentration und Monopolisierung des Handels in den Händen einiger riesiger, ungemein mächtiger Konzerketten, die meist noch dazu in ausländischer Hand sind, Einhalt zu gebieten und die dezentrale, auf begrenzte Autonomie gerichtete Versorgung der einzelnen Regionen zu fördern.
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Arbeitswelt – Arbeitsplatz
Wir stellen fest
Wo möglichst viel möglichst schnell produziert werden soll; wo Arbeit reduziert ist auf einen (möglichst gering zu haltenden) Kostenfaktor im betriebwirtschaftlichen Kalkül; wo die Produzenten und die Verfüger über die Produktionsmittel und Produktions- entscheidungen in zwei Interessensgruppen auseinanderfallen; wo der Überblick über den Arbeitsplatz verloren gegangen ist und die Arbeit in repetetive Handgriffe zerfällt; dort wird Arbeit als Entfremdung erfahren.
Zweifellos sind bei uns durch gewerkschaftlichen Kampf und durch die Weiterentwicklung der Technik die schlimmsten Formen von Entfremdung und Ausbeutung heute überwunden. Von einer Humanisierung und Demokratisierung des Bereiches Arbeit sind wir aber noch weit entfernt. Befehlshierarchien, die nicht durch sachliche Autorität legitimiert sind, unglaubliche Unterschiede in der Entlohnung, gesundheitsschädliche, gefährliche, durch Monotonie tötende Arbeiten gibt es nach wie vor. Allerdings ist es heute leichter, die unbefriedigende Arbeitsplatzsituation durch ein vermehrtes Freizeitangebot zu kompensieren. Aber die Arbeitswelt drückt auch der Freizeit ihren Stempel auf. Da der Zwang zu unschöpferischer Tätigkeit dort die Unfähigkeit, die Freizeit schöpferisch zu gestalten. So bleiben oft nur die Flucht in den Konsum, in Alkohol oder sonstige „Vergessen-Macher“ als „Ausweg“, oder aber die konsequente Anwendung der Ellbogentechnik, die Option für die Karriere, um in den Genuss der höheren Verantwortung, des besseren Verdienstes, der stärkeren Machtausübung, der Durchsetzung eigener Interessen und Vorstellungen zu gelangen; kurz: die subjektivistische Lösung, die immer auf Kosten der anderen geht.
Da Arbeit für die meisten von uns Lohnarbeit ist, also eine Ware, die man verkaufen muss, kommt es vor, dass eine bestimmte Sorte dieser Ware auf dem Markt nicht gefragt ist. Dann sind Menschen arbeitslos. Es scheint, dass wir in eine Etappe eintreten, wo Arbeitslosigkeit eine Dauererscheinung ist.
Konnte früher der Rationalisierungsprozess durch ständige Expansion aufgehoben, ja überboten werden, so setzt heute angesichts stagnierender Absatzmärkte jeder größere Rationalisierungseffekt Arbeitskräfte frei. In Europa sind viele Millionen Menschen von dieser systemimmanenten Arbeitslosigkeit betroffen, ganz zu schweigen von den ungezählten Menschen in der 3. Welt, die von der Möglichkeit, sich durch Arbeit die Existenz zu sichern, ausgeschlossen sind.
Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes bewirkt eine zusätzliche Entsolidarisierung der abhängig Beschäftigten, fördert Gefügigkeit und Duckmäusertum. Unter dieser Generaldrohung zerbröseln Reformen, werden kritische Fragen nicht mehr gestellt, werden Atomkraftwerke und andere destruktive Produktionen durchgesetzt. Wer etwa die Frage stellt, ob gewisse Arbeiten, gewisse Produkte sinnvoll, moralisch und ethisch vertretbar sind, kann als potentieller Arbeitsplatzvernichter kriminalisiert werden.
Gerade diese Frage muss aber immer deutlicher gestellt werden, soll die Krise nicht noch weiter verschärft werden.
Wir sind überzeugt
Arbeit ist gekennzeichnet durch ihren Doppelcharakter von Notwendigkeit und Freiheit. Einerseits ist sie Mittel der Existenzsicherung und Arterhaltung des Menschen, andererseits schöpferischer Akt, in dem der Mensch sich selbst verwirklicht. Technischer, wissenschaftlicher, kultureller Fortschritt hat das Ziel, das Reich der Notwendigkeit abzubauen und zu entschärfen zugunsten der schöpferischen Seite der Arbeit. Wir sind davon überzeugt, dass jeder Mensch der in seiner Entwicklung nicht schwer deformiert wurde, von sich aus das Bedürfnis hat nach sinnvoller, kreativer Arbeit. Es ist bezeichnend für unsere Gesellschaft, wenn die Meinung vorherrscht, dass man die Menschen zur Arbeit zwingen müsse. Es könnte ja sein, dass der Fehler nicht bei den Menschen liegt, sondern bei den Arbeitsbedingungen. Entfremdete Arbeit wird ebenso wie Arbeitsentzug, als Strafe empfunden.
Ein wesentliches Element der Entfremdung liegt im arbeitsteiligen Prinzip. Es hat zwar die ungeheure Steigerung der Produktivkräfte ermöglicht, aber um den Preis des Verlustes der Identität des Produzenten mit seinem Produkt, einer Zerstückelung der Arbeit in mechanische Abläufe. Ein gewisses Maß an Arbeitsteiligkeit wird es sicher immer geben. Aber in der Tendenz sollten integrierte Arbeitsvorgänge angestrebt werden, die die Arbeit anregend und abwechslungsreich gestalten. Vor allem das Auseinanderfallen von Hand- und Kopfarbeit sollte überwunden werden, gleichzeitig mit dem verächtlichen Beigeschmack, welcher heute der Handarbeit anhaftet. Intellekt und Körperkraft, ausgestattet mit dem besten Werkzeug, sind die eigentlichen Bestandteile menschlicher Arbeit
Eine noch kaum genutzte Möglichkeit, die negativen Auswirkungen der Arbeitsteiligkeit zu vermindern, liegt im Prinzip der Rotation. Warum muss ein Maurer sein Leben lang Maurer, warum muss ein Beamter bis zu seiner Pension Beamter sein, warum ein Fließbandarbeiter bis zur Invalidität dasselbe tun? Wenn es so ist, dass es angenehme und weniger angenehme, schöpferische und weniger schöpferische Tätigkeiten gibt, warum sollten diese dann nicht solidarisch aufgeteilt werden? Möglicherweise beeinträchtigt verstärkte Rotation etwas die Hektik der Produktion, aber das muss ja nicht unbedingt ein Schaden sein. Jedenfalls wäre sie der Demokratie und dem Abbau von Machtstrukturen sicher förderlich.
In unserer Gesellschaft zählt nur jene Arbeit, die für den Markt tätig ist. Hausfrauenarbeit, Kindererziehung, Altenbetreuung, Nachbarschaftshilfe etc. scheinen nicht im Bruttosozialprodukt auf und besitzen deshalb nur einen sehr geringen Stellenwert. Andererseits erhöht aber jeder Verkehrsunfall das BSP, weil dadurch Ärzte, Mechaniker, Versicherungsbeamte und Beerdigungsinstitute Arbeit bekommen. Wichtig wäre es, den Tauschwertsektor, wo das Produkt zur Ware wird, zurückzudrängen, zugunsten des Gebrauchtwertsektor, wo die Menschen ihre Produkte und Dienstleistungen gegenseitig direkt austauschen.
Arbeitslosigkeit ist ein Strukturmerkmal unserer Wirtschaftsverfassung. Sie ist unnotwendig und beschämend. Die verfügbare und notwendige gesellschaftliche Arbeit muss solidarisch aufgeteilt werden. Aller Demagogie zum Trotz sind wir der Überzeugung, dass dies praktikabel ist. In einigen verstaatlichten Betrieben geschieht es bereits de facto. Die Steigerung der Produktivität durch Rationalisierung soll sich in einer etappenweisen Verkürzung der Arbeitszeit ausdrücken, weil eine Expansion des Produktionsapparates wegen der Sättigung der Märkte ohnedies nicht möglich ist. Ein ähnlicher Effekt kann erzielt werden, wenn Arbeitsmöglichkeiten flexibler angeboten werden, in Form von Halbtagsstellen, Halbjahresstellen, Dienstfreistellungen etc.
Wir sind bereit
Wir sind bereit, uns auch am Arbeitsplatz als Mensch zu verhalten und den aufrechten Gang zu praktizieren. Anstatt unsere Energien in Karriere und Intrigenspiel zu vergeuden, wollen wir sie lieber zur Schaffung eines humanen Arbeitsklimas und der Lösung von Konflikten am Arbeitsplatz verwenden.
Wir sind nicht bereit, aus opportunistischen Gründen, irgendwelchen Institutionen, seien es Interessensvertretungen oder Parteien, beizutreten um berufliche Privilegien und Pfründe zu ergattern.
Wir sind bereit, auch ungeliebte, jedoch gesellschaftlich notwendige Arbeit zu übernehmen (z.B. Putzdienste), wenn ein Rotationsprinzip gewährleistet, dass diese Arbeiten einigermaßen gerecht auf alle aufgeteilt werden. Es ist beispielsweise nicht einzusehen, warum die Hausarbeit automatisch von der Frau verrichtet werden muss, obwohl sie in den seltensten Fällen der Berufswahl entspricht. Wir wollen konkrete Handlungen setzen, um die Trennung von Hand- und Kopfarbeit aufzuheben oder zu mildern, beispielsweise indem wir als Städter wieder anfangen einen Garten zu bebauen, handwerkliche Dinge selbst zu verrichten oder Nachbarn bei der Arbeit zu helfen.
Wir sind bereit zu freiwillig geleisteter Arbeit in Form von Nachbarschaftshilfe oder Gemeinwesenarbeit, weil kooperative Arbeit die Menschen in besonderem Maße miteinander verbindet und ein Gefühl des Wertes und der Schönheit von Arbeit vermitteln kann.
Wir sind bereit, uns für den systematischen Aufbau einer innerbetrieblichen Demokratie einzusetzen und für gemeinsame Ziele solidarisch einzutreten.
In diesem Sinne sind wir auch bereit, uns mit Kolleginnen und Kollegen, die ungerecht behandelt, gemaßregelt oder sonstigen Repressalien am Arbeitsplatz ausgesetzt werden, zu solidarisieren und uns nicht opportunistisch zu ducken und zu schweigen.
Wir fordern
Weil es reine Demagogie ist, zu sagen: Jeder kann Millionär werden; weil Spitzenposten oft nicht erreicht werden durch Fleiß, gediegene und saubere Arbeit, Korrektheit, sondern eher durch Beziehungen, privilegierte Herkunft, Ellbogentechnik, bisweilen sogar Brutalität und Ausbeutung anderer – oder wie das Volk zu sagen pflegt, durch Arbeit ist noch niemand reich geworden – weil die Arbeit eines Bergbauern, was die Mühe, Anstrengung und Verantwortung betrifft, sich durchaus mit der Arbeit eines Bankmanagers messen kann; deshalb halten wir es für einen Skandal, wie sehr die Einkommen bei uns auseinanderklaffen.
Wir fordern daher die Limitierung der hohen Einkommen durch Koppelung an eine gesetzlich festgelegtes Mindesteinkommen. Wie weit Höchsteinkommen und Mindesteinkommen auseinanderliegen, sollte das Volk nach einem breiten Meinungsbildungsprozess bestimmen. Gleichzeitig sollte das Mindesteinkommen soweit angehoben werden, dass es eine menschenwürdige Existenz erlaubt.
Um das Dilemma, in dem sich viele, vor allem Frauen befinden, weil sie zwischen Nur-Familienleben und Nur-Berufsleben (oder der Überlastung durch beides) entscheiden müssen, zu verringen, fordern wir die Schaffung von mehr Teilzeitarbeitsmöglichkeiten. Beispielsweise könnten Kontingente von Halbtagsarbeitsplätzen bzw. gespaltenen Arbeitsplätzen eingerichtet werden. In diesem Zusammenhang sollte auch die Möglichkeit des unbezahlten Urlaubs sozialpolitisch weiterentwickelt werden.
Weil die Produktion nicht ins Uferlose gesteigert werden kann, ist eine Verringerung der Arbeitszeit als Antwort auf den immer noch fortschreitenden Rationalisierungs- prozess die einzig sinnvolle Alternative. Die Arbeit sollte in ihrer Menge und Qualität solidarisch aufgeteilt werden. Deshalb fordern wir gerade in der jetzigen Situation, eine Senkung der Arbeitszeit durch schrittweise Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit durch Einführung von Bildungsurlauben etc. nach Maßgabe der Produktivität.
Herrschaft am Arbeitsplatz bedient sich oft der Entscheidungen hinter verschlossenen Türen, die scheinbar nicht für alle bestimmt sind, jedoch alle betreffen. Daher unsere Forderung nach einer offenen Personalpolitik, nach Mitsprache der Betroffenen bei Entscheidungen, die ihren Arbeitsbereich betreffen. Die Gehälter und Einkommen in einem Betrieb sollten offengelegt werden, weil ihre Geheimhaltung der Strategie „Teile und herrsche“ der Betriebsleitung oft entgegenkommt.
Wir fordern gesellschaftliche Freiräume, in denen mit neuen humaneren Arbeitsformen (Rotation, integrierte, demokratisch aufteilte Arbeit) experimentiert werden kann, mit dm Ziel, gesellschaftlich notwendige Arbeit so zu organisieren, dass der Mensch nicht „bei der Arbeit außer sich und nur außer der Arbeit bei sich“ ist.
Wir fordern die Aufhebung des Parteienproporzes bei der Zuteilung von Posten und wichtigen Ämtern des öffentlichen Lebens; dies zu begründen erscheint uns müßig. Im öffentlichen Dienst halten wir Titel und Amtsbezeichnungen für antiquiert und hierarchiefördernd. Man sollte damit aufhören.
Wir fordern ein Schulsystem, das körperliche, handwerkliche Arbeit mit geistiger, intellektueller Arbeit verbindet, weil nur so ein voller Mensch entstehen kann.
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Zusammenleben - Wohnen
Wir stellen fest
Zahlreich sind die Symptome von gestörten Sozialbeziehungen:
- Soziale Randgruppen (Betagte, Invalide, Pflegebedürftige) werden aus dem täglichen Leen abgeschoben und der staatlichen Fürsorge überantwortet.
- Privater Wohnungsstandard gilt als wichtigstes Kriterium bei der Beurteilung von Wohnqualität.
- Der Zeitaufwand für Beruf und damit verbundene Pendlerfahrten lässt wenig Raum fürs häusliche Leben.
- Autogerechte Hauszufahrten bieten ungenügende Sicherheit für spielende Kinder und wenig Gelegenheit zu sozialem Lernen.
- Spontaner Wechsel zwischen Privatbereich und öffentlicher Sphäre (Umgebung) scheitert an der Öde der nichtprivaten Außenräume.
- Die Vielfalt sozialer Erlebnisse nimmt ebenso ab, wie die Ermunterung zu entspannender körperlicher Tätigkeit.
Wir stellen einen zunehmenden Zentralismus fest: städtische Ballungszentren mit Wohnblöcken, Bürosilos, Schulzentren, riesige Krankenhäuser, Einkaufsstädte, Schlafstädte; die verschiedenen Funktionen wie Leben, Spielen, Arbeiten, Güterverkehr usw. sind stark voneinander getrennt. Ebenso getrennt sind meistens die Bewohner voneinander. Es gibt kaum Kontaktflächen mehr, auf denen man einander näher kommt. (Und andererseits sind die Wohnungen manchmal so schlecht gegen Lärm isoliert, dass man nirgends einen Ort zum Sich-Zurückziehen findet.)
Weitere Zeichen eines um sich greifenden Zentralismus: kleine Einkaufläden gehen ein, Bezirksgerichte und Landschulen werden aufgelassen.
Große Städte schaffen Schwierigkeiten: riesige Versorgungssysteme, Verbrechen, Stre
Wir sind überzeugt:
Wohn- und Siedlungsformen tragen dazu bei, ein funktionierendes soziales Leen zu gewährleisten.
Ziel sollte sein, die zwischenmenschliche Verständigung, die gegenseitige Hilfsbereitschaft und die Beteiligung aller Gruppen am alltäglichen, gesellschaftlichen Leben zu fördern.
Kleine Netze sind alternative Formen des Familienverbandes. Gegenüber der Kleinfamilie sind sie in der Lage, soziale Basisdienste zu übernehmen, wie die Betreuung von Älteren, Kindern und Pflegepersonen.
Gemeinschaftseinrichtungen verstärken die Kontakte, sichern die Versorgung (Kindergarten etc.)
Arbeitsplätze verschiedenster Natur können in großen Wohnräumen angesiedelt werden: abgesehen von Personal in Lebensmittelläden vor allem handwerkliche Betriebe für Reparaturen.
Wir sind bereit
und streben an, gemeinsamer und kooperativer zu leben. Wir sind deshalb bereit, Wohnraum für Gemeinschaftszwecke zur Verfügung zu stellen, damit wir weniger isoliert sind und unser Lebensraum reichhaltiger wird.
Wir sind bereit, gezielt Leute ins Haus einzuladen.
Wir sind bereit, die Einrichtung von Gemeinschaftsanlagen zu unterstützen, wie Waschküche, Tiefkühlanlage, Trockenraum, Werkstätte.
Wir sind bereit, Parkflächen in und um Wohnblocks als Spielraum für Kinder und für Grünflächen zur Verfügung zu stellen.
Wir sind bereit, neue Modelle des Zusammenlebens, der Architektur, der politischen Entscheidungsformen zu suchen.
Wir sind bereit, auf Perfektion und überhöhten technischen Standard im Bereich Schule, Krankenhaus und Haushalt zu verzichten.
Wir sind bereit, uns bei der Entscheidungsbildung auf lokaler Ebene (Bezirk) aktiv zu beteiligen.
Wir fordern
Anstrengungen in der Erziehung zur Solidarität und ein Akzeptieren neuer Formen des Zusammenlebens.
Maßnahmen zur Sozialisierung von schwer geschädigten Menschen – zur Wertschätzung des menschlichen Lebens und nicht nur der menschlichen Arbeitskraft.
Staatlich garantierte Freiräume bei den Experimenten für neue Formen des schulischen Lernens und des Zusammenlebens.
Das Wirtschaftsleben außerhalb der Großstädte, in Kleinstädten und Dörfern anzukurbeln.
Verbot des Baues von Supermärkten.
Aufwertung der überschaubaren (kleinen) Strukturen: Bezirk, Dorf, Viertel.
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Auto & Verkehr
Wir stellen fest
Verkehrsprobleme nehmen im öffentlichen Bewusstsein einen außergewöhnlichen bedeutsamen Rang ein. Die Medien informieren den Bürger tagtäglich über Verkehrsereignisse, seien es Unfälle, Verkehrsstaus oder Straßenbauprobleme. Die LKW-Blockade im Gefolge der Einführung des Straßenverkehrsbeitrages hat wieder einmal drastisch gezeigt, wie verwundbar eine Volkswirtschaft in ihrer Infrastruktur ist. Bei der Standortfestlegung von Industrien stellt die Verkehrsgunst oft das entscheidende Kriterium dar. Entwicklung oder Nicht-Entwicklung einer Region hängt wesentlich von ihrer verkehrlichen Erschließung und Erreichbarkeit ab.
Unsere heutige Wirtschafts- und Lebensweise hat also hochgradige Mobilität zu einer Hauptbedingung für wirtschaftlichen und persönlichen Erfolg werden lassen. „Mobilität heißt Fortschritt“, unter dieser Parole beispielsweise wird heute weltweit für den Straßenbau Propaganda gemacht. Und, „wer kein Auto hat, ist kein Mensch“, scheint eine durchgängige Erfahrung im individuellen Bereich zu sein.
Die Ausbildung des internationalen Industriesystems, verbunden mit einer immer weiter verfeinerten Arbeitsteiligkeit, hat in den letzten hundert Jahren die Verkehrsleistungen und damit den Bedarf nach entsprechender Infrastruktur ungeheuer steigen lassen.
In der Auseinandersetzung konkurrierender Transportmittel setzte sich schließlich das Automobil in einem unvergleichlichen Siegeszug durch. Die mächtigsten Industrien, die Ölmultis und die Automobilkonzerne standen ihm Pate.
Das Automobil hat die Lebensweise der Nachkriegsgeneration revolutioniert und den Menschen wie bei keiner anderen Maschine von ihm abhängig gemacht, ökonomisch, existentiell, sogar emotional und psychisch. Es hat in der Werteskala der Gesellschaft den Platz der heiligen Kuh eingenommen. Es erlaubte, den Lebenslauf in Grundfunktionen wie Arbeiten, Wohnen, Versorgen, Erholen, Bildung etc. örtlich getrennt zu zerlegen und schaffte so für den einzelnen eine neue Form der Zwangsmobilität.
Mit rasch zunehmender Motorisierung traten aber Widersprüche und Grenzen einer „automobilisierten“ Gesellschaft immer deutlicher zutage. Eine „soziale Falle“ tat sich auf: Was für einen einzelnen oder einige wenige, eine wunderbare Sache sein kann, nämlich mit dem eigenen Auto auf schönen Straßen beliebige Ziele ansteuern zu können, führt sich in millionenfacher Wiederholung ad absurdum. In den stockenden Kolonnen, in den verpesteten und von Straßen zerstörten Städten, in den Unfallstatistiken und Todesraten erweist sich die Verheißung von mehr Freiheit und Selbstverwirklichung durch mehr Mobilität als trügerische Illusion.
So wird selbstverständlich, dass die Wiege des Bürgerwiderstandes gegen technokratischen Fortschrittsglauben in der Verkehrsproblematik liegt. Die ersten Bürgerinitiativen formierten sich gegen umweltzerstörende Straßenbaumaßnahmen in städtischen Bereichen.
Die heute vorherrschende Organisation von Verkehr und Transport ist eine der bedeutsamsten Bruchstellen, wo unbegrenztes Wachstumsdenken und ökologisch- umweltschützendes Bewusstsein konfliktvoll aufeinanderstoßen.
Wir sind überzeugt
Auch in einer nachindustriellen Ära werden die gesellschaftlichen Stoffwechsel- prozesse außerordentlich komplex, vielschichtig und im weiten Bereich auch arbeitsteilig sein. Erhöhte Produktivität wird sich in einem Mehr an Freizeit ausdrücken, was den Wunsch nach Beweglichkeit und Reisen erhöhen dürfte. In diesem Sinne wird Mobilität eine gesellschaftliche Notwendigkeit und ein menschliches Grundbedürfnis sein und bleiben.
Das Heißt aber keineswegs, dass damit die heute praktizierte Form verkehrlicher Organisation akzeptabel wäre. Vielmehr werden gravierende Veränderungen notwendig sein, schon allein im Hinblick auf das zu Ende gehende Öl, für das schwerlich rechtzeitig ein geeignetes Substitut gefunden werden dürfte. Ein Wandel des Bewusstseins, der sich auch in einem weniger zwanghaften Verhältnis zum Automobil ausdrückt, wird diese Veränderungen begleiten müssen.
- Erstes Prinzip in Wirtschaft und Privatleben sollte sein, möglichst wenig Verkehr zu erzeugen. Integrierte Lebenskreise können den Mobilitätszwang entscheidend verringern. Beispielsweise das Zusammenführen von Wohn- und Arbeitsplatz, vor allem im Dienstleistungssektor und im Handwerk, eine humanere Gestaltung der Wohnumwelt, damit nicht jedes Wochenende Tausende Städter aus ihren öden Wohnsilos ins Grüne flüchten müssen etc.
- Die Art und Weise, wie heute Verkehr abgewickelt wird, fördert Machtstrukturen. Einerseits begründet unsere Leidenschaft für das Automobil die Macht großer Monopole, andererseits kann das eigene Auto ein bewusst eingesetztes Herrschaftsinstrument sein: Wer 200 Sachen fährt, degradiert die anderen zu Statisten. Wer eine Luxuslimousine um eine halbe Million besitzt, degradiert die anderen zu Habenichtsen.
- Wie schon im vorigen Punkt angedeutet, ist die Geschwindigkeit entscheidend, wie der Verkehr abgewickelt wird. Es gibt ein „sozial kritisches Quantum“ an Geschwindigkeit. Jenseits dessen beginnen die negativen Auswirkungen eines Verkehrssystems zu überwiegen. Als krasses Beispiel die umstrittene Concorde, die mit ihrem Überschallknall mehr Umweltqualität zerstört als einige jet-gewichtige Spitzenmanager und Bürokraten an Zeit gewinnen. Beim Automobil lässt sich nachrechnen, dass die volkswirtschaftlich günstigste Geschwindigkeit zwischen 70 und 80 km/h liegt. Wir sollten Autos bauen, die in diesem Geschwindigkeitsfeld liegen.
- Ca. 25% des Primärenergiebedarf fallen auf den Sektor Verkehr. Hier liegen gewaltige Einsparungsmöglichkeiten. Die einzelnen Transportsysteme sind deshalb auf ihre energetische Effizienz zu überprüfen, und jenes zu bevorzugen, das den geringsten Energiebedarf hat. Ein Vergleich zeigt, dass mit einem Energieäquivalent von einem Liter Benzin, ein Radfahrer 325 km, ein Fußgänger 130 km, ein Zugpassagier 55 km, ein Autofahrer 11 km und Flugpassagier 6 km zurücklegen. Diese Zahlen sprechen für sich.
- In den Städten ist die zerstörerische Wirkung des Individualverkehrs besonders groß. Hier gilt es eine eindeutige Option für den öffentlichen Verkehr (Bus. Tram) und für das Fahrrad bei entsprechenden Radwegangebot zu setzen. Beruhigte Wohnquartiere nach holländischem Muster, können erste Schritte in diese Richtung sein.
- Nach unserer Überzeugung liegt der Schlüssel für eine Neuordnung des Verkehrs in der Einstellung dem Automobil gegenüber. Deshalb kann persönliche Verhaltensänderung in diesem Punkt großes politisches Gewicht erlangen.
Wir wollen das Auto nicht abschaffen, sondern es sinnvoll einsetzen. Statusdenken, Herrschaftsausübung, Renommiersucht und alles andere irrationale Beiwerk haben dabei keinen Platz. Dass diese Einstellung einer der mächtigsten Internationalen Industrielobbies keine Freude bereitet, ist klar. Aber gerade das könnte man als Herausforderung annehmen.
Wir sind bereit
Uns bei der Abwicklung unserer Mobilitätsbedürfnisse energie- und umweltbewusst zu verhalten, sei es bei der Wahl des Transportmittels, sei es bei der Art und Weise seiner Benützung. Insbesondere sind wir bereit, zur Entmythologisierung des Privatautos einen persönlichen Beitrag zu leisten, damit das Auto wieder zu dem wird, was es sein soll: Ein in einem sehr begrenzten Bereich zweckmäßiges Fortbildungsmittel. Wir sind bereit, uns der Faszination technisch perfekter, schneller, großer und PS-starker Autos bewusst zu entziehen, weil das Auto heute ein wichtiges Herrschaftsinstrument geworden ist.
Wir wollen, falls überhaupt, das Auto nur benützen, wenn es unbedingt notwendig ist. Um seine Effizienz zu erhöhen, sind wir grundsätzlich bereit, auch andere Menschen mitzunehmen; insbesondere im Berufsverkehr könnte eine stärkere Kooperation viele Vorteile bringen. Wir sind grundsätzlich bereit, den Besitz und die Verfügung über ein Auto mit anderen zu teilen, weil der Privatbesitz den Fetischcharakter des Automobils fördert und verstärkt. (Ein Blechschaden wird oft als Verletzung der eigenen Person empfunden).
Weil die Konterproduktivität des Autos in städtischen Ballungsraum am offenkundigsten wird, wollen wir besonders in der Stadt das Auto durch alternative Fortbewegungsmittel weitgehend ersetzen (öffentlicher Verkehr, Fahrrad, zu Fuß gehen). Wir halten es für eine ziemlich traurige Angelegenheit, wenn Leute deswegen eine Stunde früher zur Arbeit fahren, um sich noch einen Parkplatz zu ergattern.
Wir sind bereit, uns nachhaltig für die forcierte Nutzung des Fahrrades einzusetzen und dies auch selber praktizieren, weil das Fahrrad im städtischen Individualverkehr das effizienteste, umweltfreundlichste und menschengerechteste Forbewegungs- mittel darstellt.
Wir sind bereit, mehr als bisher die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen und uns für ihren verstärkten Einsatz einzusetzen, damit ihre Attraktivität gesteigert werden kann.
Schließlich sind wir bereit, unseren Lebensstil so zu gestalten, dass sich der Zwang zur Mobilität verringert. Denn der beste Verkehr ist de, welcher erst gar nicht entsteht. Das heißt, in erster Linie verstärkte Kommunikation mit unseren Mitmenschen, wie z.B. gemeinsames Einkaufen, Dienstleistungen, die wir uns gegenseitig erweisen können, Schülertransporte etc.
Wir fordern
Die Erarbeitung raumordnerischer Prinzipien, die eine integrierte Lebensweise fördern und dadurch die Verkehrsbedürfnisse vermindern. Dies hängt eng mit der Schaffung überschaubarer Lebensbereiche zusammen. Wir fordern die schrittweise Zurückdrängung der mehr oder weniger versteckten Formen der manipulativen Werbung für die Motorisierung; insbesondere Autorennen und ihre Übertragung durch das Fernsehen, Motocross, Autocrash, Rallys etc. Besonders bei der Jugend sollte einer falschen und gefährlichen Idolbildung (Niki Lauda) durch eine aufklärende Erziehung entgegengewirkt werden.
Wir fordern gesetzliche Regelungen zu einer durchgreifenden Geschwindigkeits- beschränkung (z.B. 90 km/h), weil damit hunderte Verkehrstot vermieden werden können und Straßen billiger und naturnaher gebaut werden können. Dies darf sich aber nicht auf straßenpolizeiliche Maßnahmen beschränken, sondern soll den Bau und Konstruktion der Autos miteinbeziehen: Es sollen nur solche Motoren zugelassen werden, die keine höhere Geschwindigkeit erlauben, was außerdem noch den Vorteil einer Verringerung des Treibstoffbedarfes und des Schadstoffaus-stosses mit sich bringen kann. Österreich könnte bei der Entwicklung eines solchen „Öko-Mobiles“ einen wichtigen Beitrag leisten.
Wir fordern die Einführung von vier autofreien Sonntagen im Jahr, ähnlich einer Schweizer Initiative, weil damit die schrittweise Emanzipation von Auto und Besinnung auf echte Freizeitwerte gefördert werden kann. Wir fordern die Einführung des LKW-Nachtfahrverbotes für das gesamte Bundesgebiet, weil wieder klarer werden muss, dass die Wirtschaft für den Menschen da zu sein hat und nicht umgekehrt.
Wir verlangen die schrittweise Einführung des Nulltarifes bei den städtischen Massenverkehrsmitteln und als ersten Schritt dazu einen Stop für weitere Tariferhöhungen. Die Mittel dafür sollen unter anderen aus einer rigorosen Parkraumbewirtschaftung in der City hereingebracht werden.
Wir fordern die unverzügliche Erstellung und Realisierung großzügiger Radwege- konzepte für die Städte, weil die derzeitige Situation die Radfahrer diskriminiert und gefährdet und nicht geeignet ist, mehr Menschen für das Umsteigen auf das Fahrrad zu gewinnen. Der Radfahrer soll im Straßenverkehr einen ähnlichen Schutz erfahren wie die Kinder und eine Vorrangstellung wie der öffentliche Verkehr. Weiters sollten in erweiterten Fußgängerzonen den Passanten besonders gekennzeichnete Fahrräder kostenlos zur Verfügung stehen.
Wir fordern eine Herabsetzung der zugelassenen Tonnagen im Straßengüterverkehr, weil dieser unverhältnismäßig zum Verschleiß der Straßen beiträgt. Bei allen größeren Verkehrsplanungen sollten in Zusammenarbeit mit den Betroffenen Nutz- wertanalysen erstellt werden, die ein echtes Abwägen der Vor- und Nachteile einer solchen Maßnahme ermöglichen, in den städtischen Bereichen sollte ein Emissionskataster des Straßenverkehrs jährlich erstellt und in der Öffentlichkeit diskutiert werden, verbunden mit einer Aufklärung über die gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen der Schadstoff- und Lärmemissionen.
Schließlich fordern wir ein präventives Landeverbot für alle Überschallpassagier- flugzeuge in Österreich, weil diese in besonderem Maße unweltzerstörend wirken.
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Energie
Wir stellen fest
Die Bereitstellung billiger Energie durch die exzessive Ausbeutung nicht-regenerierbarer Energiequellen (Öl) haben die technisch-industrielle und damit sozio-ökonomische Entwicklung in diesem Jahrhundert geprägt. So ist der Gesamtenergie-verbrauch in den letzten Jahren ungeheuer in die Höhe geschnellt.
Erst in letzter Zeit wird immer stärker bewusst, dass der ständigen Zunahme des Energieverbrauches äußere und innere Grenzen gesetzt sind. In dieser Situation, die zusätzlich durch die Tatsache, dass der weitaus größere Teil der Menschheit bei diesem Rennen nach billiger Energie und damit Wohlstand leer ausgegangen ist (3.Welt), verschärft wird, zeichnen sich immer deutlicher zwei grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen ab:
Die einen glauben, dass es auf dem bisherigen Weg schon irgendwie weitergehen wird und der technische Fortschritt in der Lage sein wird, alle Probleme rechtzeitig zu lösen. Sie votieren nach wie vor für ein ständiges Wachstum des Energieverbrauches und wollen zumindest für einen mittelfristigen Zeitraum die Kernenergie zur Deckung einer vermeintlichen Energielücke einsetzen. Ihre Anhänger und Propagandisten finden diese Linie vorwiegend im Bereich der Großindustrie der technisch industriellen Eliten und der Bürokraten großer Institutionen.
Die anderen meinen, dass ständiges Wachstum weder möglich noch wünschenswert ist. Sie plädieren dafür, mit der Verschwendung Schluss zu machen und den Einsatz umweltfreundlicher regenerierbarer alternativer Energiequellen zu forcieren und auf die Kernenergie als gefährliche Sackgasse zu verzichten. Die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden „Philosophien“, zwischen den Verfechtern des „harten“ Weges und des „sanften“ Weges wird auf dem Gebiet der Energiepolitik, aber nicht nur hier, die gesellschaftliche Entwicklung der Jahrtausendwende entscheidend prägen.
Wir sind überzeugt
Eine wirkliche menschliche Alternative stellt nur der vorhin skizzierte sanfte Weg dar. Ständig steigender Energiekonsum ist, wie bereits gesagt, weder möglich noch wünschenswert. Er wirkt in letzter Konsequenz zerstörerisch auf Leben und Umwelt. Eine Limitierung des Energieverbrauches, verbunden mit einer bevorzugten Versorgung jener, die bisher leer ausgegangen sind, ist anzustreben. Ein solcher Übergang auf einem stationären Zustand muss gekoppelt werden mit einer Umrüstung von nicht erneuerbaren Energiequellen auf regenerierbare Energie- gewinnungsformen, weil das knapp werdende Öl als wichtiger Rohstoff zu kostbar ist, um es einfach zu verbrennen. Die sanften Energiequellen sind in genügendem Maß vorhanden, um allen Menschen die Erfüllung der Grundbedürfnisse zu garantieren und den heutigen Wohlstand zu erhalten, das ist heute unbestritten. Ihre technische Nutzung der Biomasse, Wind, Gezeiten etc. bieten heute keine prinzipiellen Schwierigkeiten mehr. Es kommt ausschließlich auf das Wollen, auf die politische Zielsetzung an, wie rasch diese Energieformen zum Tragen kommen können. Gleichzeitig würde diese Energieformen auch zu einer stärkeren demokratischen Strukturierung unserer Gesellschaft führen, weil sie dezentral eingesetzt größere Autonomie des einzelnen ermöglichen und die Abhängigkeit von komplexen Technologien und technischen Eliten verringern.
Diese Umstellung von „Energiekapital“ auf „Energieeinkommen“ muss begleitet werden von einer vernünftigen, rationellen Verwendung der Energie. Hier liegt ein riesiges Einsparungspotential vor. Einerseits kann durch eine zweckentsprechende Verwendung Energie gespart werden (den Wirkungsgrad beachten!), andererseits können durch Eindämmung der Produktion von Verschleißartikeln, geplanter Obsoleszenz, destruktiver und unnützer Produktion (Rüstungsgüter) ebenfalls große Energiequanten eingespart werden.
In der Frage der Nutzung der Atomenergie sprechen wir ein klares und bestimmtes NEIN aus. Unsere zahlreichen guten Gründe für diesen Standpunkt können wir hier in der gebotenen Kürze nur andeuten. Nur soviel, dass uns auch aus ethischen und moralischen Gründen der Einsatz der objektiv gefährlichen und die Zukunft außerordentlich lange Zeiträume belastenden Plutoniumökonomie nicht verantwortbar erscheint und gerade unser Land die historische Chance hat, damit erst gar nicht anzufangen. Wir meinen auch, dass der Atomstrom, weit davon entfernt, billig zu sein, - wenn alle versteckten Kosten mit eingerechnet werden – für unsere Volkswirtschaft nicht zwingend notwendig ist.
Um diese unsere Überzeugung zusammenzufassen: Das Ausmaß, die Art und Weise der Erzeugung und Nutzung von Energie, stellen einen außerordentlich bedeutsamen Indikator dafür dar, wie es um eine Gesellschaft bestellt ist. Die Energiefrage wird so zu einer Schlüsselfrage für die Zukunft unsere Gesellschaft. Dementsprechend groß muss unser gesellschaftlicher Einsatz, dementsprechend überzeugend unser persönliches Verhalten in dieser Frage sein.
Wir sind bereit
Lebensformen zu entwickeln und anzustreben, die einen sparsamen Umgang mit Energie erlauben und die Einführung in eine Kreislaufwirtschaft ermöglichen. Damit zusammenhängen unser Energiebewusstsein ständig weiterzuentwickeln und zu schärfen, um zu erkennen, in welchem Ausmaß wir selber bereits in die Vergeudungsprozesse integriert sind. Denn der erste unverzichtbare Schritt zu einer Veränderung ist das entsprechende Bewusstsein.
Wir sind bereit, auch dort, wo der Umgang mit der Energie nicht direkt mit persönlichen Kosten verbunden ist (z.B. Stiegenhausbeleuchtung, Zentral- heizungen), uns sparsam und gesamtverantwortlich zu verhalten.
Wir sind bereit, keine großen, treibstofffressenden Autos zu verwenden und allgemein das Auto nur dort einzusetzen, wo es zwingend notwendig ist. Wir sind bereit auf energieverzehrenden Luxuskomfort, wie privates Schwimmbad, Sauna, Zweitwohnung, Zweithaus, etc. zu verzichten, weil hier die größten Steigerungsraten des Energieverbrauches liegen. Das spricht nicht gegen eine gemeinschaftliche Nutzung solcher an sich angenehmer und wünschenswerter Dinge.
Wir sind bereit, uns bei der Neuanschaffung von Haushaltsgeräten und Maschinen zu überlegen, ob sie auch vom Energiestandpunkt zweckmäßig sind.
Wir sind bereit, beim SW-Fernseher zu bleiben, falls wir nicht überhaupt den Besitz eines solchen Gerätes für überflüssig halten. Wir sind bereit, bei der Wohnraumbeschaffung nach energetisch günstigen Lösungen zu suchen (z.B. verdichteter Flachbau statt Einfamilienhaus). Mehrkosten für einen Vollwärmeschutz in Kauf zu nehmen und die Möglichkeiten solarer Wärmenutzung in Verbindung mit Wärmepumpen gründlich zu prüfen.
Schließlich sind wir bereit, für eine Übergangsperiode einen progressiven Energiepreis in Kauf zu nehmen, wenn gleichzeitig das System der Mengenrabatte für die Industrie aufgehoben wird, und die Mehreinnahmen für die Entwicklung alternativer Energiesysteme zweckgebunden wird.
Wir fordern
Wir fordern, die Nichtinbetriebnahme von Zwentendorf. Es soll eine Studie über Möglichkeiten und Kosten einer Umrüstung auf ein kalorisches Kraftwerk erstellt werden. Diese Kosten sind mit den zu erwartenden Kosten für den Bau und Betrieb eines Endlagers für Atommüll in Bezug zu bringen.
Wir fordern beim Neubau kalorischer Kraftwerke die Nutzung der Abwärme mittels Kraft-Wärme-Kupplung und bei den bestehenden die Überprüfung der Wirtschaft- lichkeit eines nachträglichen Einbaues.
Stillgelegte Kleinkraftwerke sollen reaktiviert und bestehende durch Förderungsmaß-nahmen modernisiert werden. Wir fordern eine breit angelegte, alle Bevölkerungs-schichten erfassende Kampagne zur Einsetzung der umweltfreundlichen alternativen Energie, wie Sonne, Biomasse, Wind, Geothermie und ihre sinnvolle Kombination mit herkömmlichen Energieträgern. Wir brauchen nationale und regionale Energiepläne, die nicht eine Fortschreibung der Vergangenheit sind und sich auf regenerierbare Energien abstützen.
Wir fordern die eindeutige Priorisierung der sanften Energien bei der Forschung gegenüber der Kernenergie. Längst überfällig sind gesetzliche Regelungen, die den Wärmeschutz bei Wohnbauten verbessern. Bei zentraler Wärmeversorgung sollten in den einzelnen Wohnungen Verbrauchszähler vorgesehen werden, soglange das allgemeine Verantwortungsbewusstsein noch nicht genügend entwickelt ist.
Wir fordern ein System progressiver Energiepreise für nicht erneuerbare Energien (Erdöl, Erdgas, teilweise Strom) verbunden mit einem Paket von Erleichterungen bei der Verfügbarmachung regenerierbarer, umweltfreundlicher Energien.
Ein ähnlicher Effekt ließe sich durch eine gestaffelte Energiesteuer erzielen, wobei gleichzeitig die Umsatzsteuer entlastet werden müsste. Auch benzinfressende Automobile sollten von einer solchen Abgabe erfasst werden, wobei gleichzeitig gesetzliche Normen festzulegen wären, die den Treibstoffverbrauch von in Österreich in Benützung stehenden Automotoren limitieren (z.B. 6 Liter/100 km).
Die Tempolimitierung während der Ölkrise hat beachtliche Einsparungseffekte gebracht. Wir meinen deshalb, dass eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung ähnlich dem amerikanischen Beispiel, etwa auf 90 km/h sehr sinnvoll wäre, auch im Hinblick auf das Unfallgeschehen. Es ist aber unsinnig, das Tempo zu limitieren, wenn gleichzeitig immer schnellere und PS-stärkere Autos auf den Markt kommen. Ähnlich wie bei Treibstoffverbrauch müsste auch hier auf der Ebene des Motorenbaus eine Begrenzung vorgenommen werden.
Wir fordern das Verbot der Einwegflasche und sonstiger Artikel, die unsinnigerweise Rohstoffe und Energien vergeuden.
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Gesundheit – Ernährung
Wir stellen fest
Die letzten Jahrzehnte haben der technisch orientierten Medizin und der chemisch-pharmazeutischen Therapie ungeahnte Fortschritte gebracht. Gleichzeitig erfolgte eine Umschichtung der Erkrankungen und der Ursachen, die sie entstehen lassen. Während Infektionskrankheiten heute weitgehend beherrschbar sind, treten vermehrt degenerative Erkrankungen auf, wie Krebs, Rheuma, Kreislauferkrankungen und deren Folgen Hochdruck, Herzinfarkt, Hirnschlag, die langes Siechtum verursachen und schwer auszuheilen sind. Diesen Krankheiten hat die moderne Medizin wenig Effizientes entgegenzusetzen, wenn sie einmal voll ausgebrochen sind.
Die neuen Plagen unserer Zeit haben Pest und Tuberkulose abgelöst und treten uns in Form von Fehlernährung, Umweltverschmutzung, Stress und Entfremdung entgegen. Auf Grund dieser Faktoren entstehen die mannigfaltigen Erkrankungen unserer Zeit, die zu verhindern sinnvoller wäre als gelassen auf ihren Ausbruch zu waren durch sogenannte Gesundenuntersuchungen, um sie dann symptomatisch und aufwendig zu bekämpfen.
Durch das Vertrauen, das die Menschen heutzutage der Medizin entgegenbringen, erlangt diese eine außerordentliche Macht über sie. Oft verstärken Ärzte diesen Zustand, indem sie sich paternalistisch verhalten, forsch mit den Patienten umgehen, manchmal mit den Patienten wie Lausbuben schimpfen.
Im Spital wird der eigene Körper enteignet; der Patient wird über seine Krankheit und seine Pflege nicht informiert, wird in seinen Heilungsprozess kaum einbezogen und nicht um seine Meinung gefragt. Der Kranke ist eine Nummer, ein Säugling, oder ein anmaßender Dummkopf, wenn er es jemals wagen sollte, Fragen zu stellen oder gar seine Meinung zu sagen.
Der Gebrauch von Medikamenten ist übermäßig. Der Arzt spielt die Rolle des Apothekers ist großteils Arzneimittelverschreiber.
Die Zivilisationskrankheiten haben neben der immer mehr zunehmenden Umwelt- verschmutzung ihre Hauptgründe in der schlechten Qualität der modernen Nahrungs- mittel und der Unwissenheit der Menschen auf dem Gebiet der Ernährung. Die Krankheiten entstehen aufgrund übermäßiger und gleichzeitig unausgeglichener Ernährung. Der Großteil der Menschen in den hochindustrialisierten Ländern hat die Erkenntnis verloren, dass sie als Lebewesen von den biologischen und ökologischen Gesetzmäßigkeiten dieses Planeten abhängig sein, dass sie neben Sauerstoff zum Atmen eine Reihe von Vitalstoffen zum Leben brauchen. Als Ernährung nimmt der Zivilisationsbürger aber großteils denaturierte, plastikverpackte, mit Hormonen und Antibiotika, sowie Resten von Insektiziden angereicherte Nahrungsmittel zu sich und statt pflanzlichem Eiweiß fast nur tierische Produkte aus Intensivzucht.
Das Ziel der Nahrungsmittelindustrie und der Landwirtschaft im Dienste der chemischen Industrie ist nicht mehr, das Ernährungsproblem zu lösen, sondern ihre eigenen Kassen zu füllen, indem sie den Konsumenten mit allen möglichen Mitteln, inklusive manipulativer und irreführender Werbung, das Geld aus der Tasche zieht, mit einem Wort, dem Profit nachläuft.
Wir sind bereit
Zum Umdenken bei der Ernährung.
Wir korrigieren Fehlernährung und verhindern Überernährung aus Eigenschutz, Eigennutz und Solidarität mit den hungernden Völkern.
Wir sind bereit, unseren Fleischkonsum einzuschränken, weil wir damit die globale Ernährungssituation etwas entlasten können (siehe Bereich Konsum). Wir ernähren uns bewusst aus einfachen und vorwiegende biologisch gezogenen Lebensmitteln aus nicht überdüngten, giftbesprühten, mit Hormonen und Antibiotika angereicherten landwirtschaftlichen Produkten. Solche Produkte wollen wir nach Möglichkeit in direktem Kontakt mit biologischen Bauern und Gärtnern beziehen – falls wir nicht selber einen eigenen Garten bestellen können. Gerade für einen Stadtbewohner und Kopfarbeiter wäre ein gemeinschaftlicher Gartenanbau auch der besseren Kommuni-kation und für den körperlichen Ausgleich förderlich.
Wir ernähren uns vornehmlich von Produkten aus der Nachbarschaft, die erzeugt werden in überschaubaren Systemen von Information, Produktion und Konsum.
Wir sind bereit, den Konsum von Genuss- und Suchtmitteln, wie Kaffee, Zigaretten, Süßigkeiten, Alkoholika etc. systematisch einzuschränken, weil wir damit unseren Gesundheit einen guten Dienst erweisen und außerdem Geld, Zeit und Energie für nützlichere Dinge einsparen.
Wir sind bereit, für unsere Gesundheit selber die Verantwortung zu übernehmen, und uns nicht blindlings den Ärzten, Ambulatorien und Spitälern zu unterwerfen. Wir wollen über die Auswirkungen von Medikamenten, Therapien und medizinischen Eingriffen informiert werden und selber mitentscheiden.
Wir sind geneigt, solche Ärzte zu konsultieren, die mit dem Ratsuchenden offen sprechen, ihre Machtposition nicht missbrauchen, den Patienten in die Therapie aktiv einbeziehen und Antibiotika nicht mit Kräutertee verwechseln.
Wir sind überzeugt
Den Begleitphänomenen des technischen Fortschritts, Fehlernährung, Umweltver- schmutzung, Stress in der Schule am Arbeitsweg, am Arbeitsplatz, Entfremdung und Frustration in vielen sozialen Beziehungen wie in Familie oder Arbeit steht die moderne Medizin mit ihren aufwendigen personellen und apparativen Einrichtungen gegenüber. Doch wäre ein Großteil der oben angeführten Erkrankungen besser durch gesundheitserhaltende Lebensführung zu verhindern statt sie mit aufwendigen Methoden, wie Laborchemie, Röntgenkontrast, Isotopen, Scanning, etc. zu diagnostizieren und dann mit noch aufwendigeren Methoden wie Operation, Bestrahlung und Dauermedikamenteneinnahme zu behandeln.
Hippokrates sagte: „Die Natur heilt die Krankheit, und die Medizin ist die Kunst, die Vorgangsweise der Natur zu imitieren“. Im Gegensatz zu der herrschenden Chemo-Medizin geht die Naturheilmethode auf den Grund des Übels. Dieser Grund ist fast immer ein Hygienefehler, und zu 90% auf falsche Ernährung zurückzuführen.
Das Kaloriensystem hat sich als Irrtum erwiesen. Nicht die Nahrungsmenge allein ist wichtig, sondern die Qualität, die Proportionen und die Ausgewogenheit je nach Körpergewicht.
Unser Lebensstil kann oft nur mehr unter dem Suchtaspekt betrachtet werden. Neben dem sattsam bekannten Suchtformen wie Missbrauch von Alkohol und Zigaretten sowie Fresslust, finden wir suchtartige Formen im Umgang mit Auto, Moped, Fernseher, Medikamenten sowie die allgemeine Konsumsucht und den Raubbau am eigenen Körper durch Fehlarbeit, ein Zuviel an Arbeit, oder nicht angepasster Arbeit. Alle diese Suchtformen können in mannigfaltige Erscheinungen körperlicher und seelischer Erkrankungen münden. Tod und Verkrüppelung als Folgen des Straßenverkehrs werden stillschweigend in Kauf genommen zur Befriedigung der Geschwindigkeitssucht, Stoffwechselkrankheiten und jahrzehnte-langes Siechtum werden als Folgen unserer Ernährungskultur achselzuckend zur Kenntnis genommen. Hier liegen auch die groben Ansatzpunkte für die Lösung.
In einer auf ständiges Wachstum programmierten Gesellschaft müssen neuorientier-ende Gegengewichte geschaffen werden in Form von einfachen, überschaubaren Lebensabläufen in Harmonie mit sich selbst, den Mitmenschen und der Umwelt und in Form von Abkehr von den suchterzeugenden Konsummechanismen unserer Zeit.
Wir fordern
von den gesetzgebenden Körperschaften, der Erhaltung der Gesundheit ebenso Gewicht zu verleihen wie der Behandlung der Krankheit. Wir fordern deshalb eine Neuorientierung der Heilberufe und ihre Ausbildung auf Gesunderhaltung hin und eine stärkere Einbeziehung von medizinischen Hilfsberufen in die Gesundheitsfürsorge.
Das Recht der Kranken, Herr ihres eigenen Körpers zu sein. Speziell im Krankenhaus, durch:
Aufklärung (wahrheitsgetreu) über seine Krankheit und über die mögliche Pflege, über die Risiken und Heilungsmöglichkeiten dieser Pflege.
Gespräch über die Gründe. Gemeinsame Suche nach den Gründen.
Zustimmung der Kranken zur Therapie.
Wir fordern eine Dezentralisierung des Gesundheitswesens, einen Abbau der Spitalshierarchie und der Privilegien der Ärzte.
Wir fordern verstärkte Information über eine umfassende Lebenshygiene, die in den meisten Fällen von einzelnen selbst erlernt und praktiziert werden kann und nicht in die sterile Innenwelt der Spitäler delegierte werden muss. Eine solche Lebenshygiene ist Ausdruck und Bestandteil eines neuen Lebensstils.
Von der Nahrungsmittelindustrie fordern wir:
Die Bekanntgabe der Zusammensetzung der Nahrungsmittel und ihrer chemischen Zusätze (Farbstoffe, Konservierungsmittel).
Eine deutlich sichtbare Bekanntgabe über schädliche Nebenwirkungen (Tabakwaren, Süßwaren etc.).
Bei landwirtschaftlichen Produkten fordern wir:
Die Angabe der Kulturart (chemisch oder biologisch)
Bei Fleisch die Angabe der Futterzusätze und der Art der Tierhaltung.
Allgemein fordern wir eine verstärkte Information über Möglichkeiten und Chancen des biologischen Landbaues, weil dafür ein starkes Interesse zu verzeichnen ist. Das Umsteigen von der herkömmlichen Landwirtschaft zum biologischen Landbau sollte vom Staat gefördert und subventioniert werden.
Wir fordern ein radiökologisches Gutachten für das Tullnerfeld – falls Zwentendorf in Betrieb gehen sollte – und zwar von unabhängigen Wissenschaftern. Dieses Gutachten muss in der Öffentlichkeit diskutiert werden.
Zusammenfassend fordern wir eine Abkehr von krankmachenden Wachstums-fetischischmus und eine Hinwendung zu einem ökologisch orientierten Wachstum.
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Umwelt - Ressourcen
Wir stellen fest
Dass die Erde rund ist, weiß man seit Kopernikus. Dass sie begrenzt ist, dass die Ressourcen nicht unerschöpflich sind, Natur und Mensch nicht beliebig belastbar; die Produktivität des Bodens nicht beliebig steigerbar ist, diese Einsicht beginnt erst jetzt langsam in das Bewusstsein einer auf unbegrenztes Wachstum programmierten Industriegesellschaft einzusickern. Dieser Lernprozess findet unter dem Druck einer höchst krisenhaften Entwicklung statt, die durch Ereignisse wie Seveso, Bretagne, Efiskofield signalisiert wird. Diese erscheinen wie Teilkatastrophen, welche den Zusammenbruch bereits vorwegnehmen. Aber es braucht gar nicht so dick kommen. Es stinkt bereits vor dem eigenen Haus und die irreversiblen Schäden an der Umwelt kann man durchs Fenster sehen.
Was noch vor kurzen Fortschritt war, die großen Fabriken und die breiten Straßen etwa, wird heute um Übel und Krebsgeschwür. Die Quantität ist umgeschlagen in „Negativ-Qualität“. Beispiel: Rechnet man alle Nebenkosten und Aufwendungen ein, so bringt es der durchschnittliche Amerikaner mit seinem Auto auf eine mittlere Fahrgeschwindigkeit, die niedriger ist als die eines Radfahrers.
Angesichts dieser Entwicklung, die zu einer Plünderung des Planeten und zu einer totalen Verunmenschlichung der Lebensbedingungen führen muss, beginnen immer mehr Menschen, dem gefräßigen Industriesystem die Gefolgschaft zu verweigern. Sie schließen sich zu Initiativen zusammen, um die schlimmsten Umweltschäden und Bedrohungen abzuwehren, weil sie erfahren, dass Staat und Behörden sich allzu oft auf die Seite der „Wachstumspartei“ stellen, das reibungslose Funktionieren des Wirtschaftsapparates höher werten als das Wohl der Bevölkerung und ihre Gesundheit. Aber auch dort, wo sich unter dem Schirm öffentlicher Förderung eine profitable Umweltschutz- und Verwertungsindustrie gebildet hat, kann man oft den Eindruck gewinnen, dass es sich hier mehr um kosmetische Operationen handelt als um echte Akzente, die auf eine andere Art und Weise des Wirtschaftens abzielen. So könnte ein dem traditionellen Denken verhafteter Umweltschutz die Schminke sein, mit der eine Umweltleiche verschönt wird.
Wir sind überzeugt
Umweltschutz ist mehr als kein Papierl wegschmeißen. Eine kopernikanische Wende ist notwendig, nicht weniger. Ein radikal neues Verhältnis zu den Dingen, zur Natur zur lebenden und unbelebten Umwelt, zu den Mitmenschen. Die Dinge nicht achtlos benutzen, sondern schonend gebrauchen; die Umwelt nicht zerstören, sondern kultivieren, den Mitmenschen nicht als Konkurrenten sondern als Freund betrachten.
Eine solche neue Werthaltung, die subversiv ist in einem positiven Sinn des Wortes (von unten her umkehren), stellt das industrielle Wachstums-Profit-Vergeudungs-Zerstörungssystem in Frage und will es durch eine moderne (keine mittelalterliche!) Kreislaufwirtschaft ersetzen, die die Ökonomie unter den Primat der Ökologie und der Bedürfnisbefriedigung stellt.
In einer solchen Langzeitökonomie werden die natürlichen Ressourcen wie ein kostbarer Schatz gehütet und nicht – wie heute – zum Ausbeutungsgegenstand ersten Ranges gemacht. Die Verantwortlichkeit gegenüber der Umwelt bekommt auch eine zeitliche Dimension: Wir wollen nicht die Bankrotteure der Zukunft unserer Kinder sein.
Wir sind vollständig davon überzeugt, dass bei einer vernünftigen Organisation der natürlichen und menschlichen Produktivkräfte für alle Bewohner der Erde ein menschenwürdiges Auskommen möglich ist, ohne die Umwelt zu zerstören und den Planeten zu plündern. Eine solche Wirtschaftsweise muss ein offensiver Umweltschutz als langfristige Perspektive immer im Auge behalten. Die Maximierung des Gewinnes kann in einem solchen System jedenfalls nicht an erster Stelle stehen.
Wir sehen in den zahllosen Bürgerinitiativen die Vorhut einer neuen ökologischen Friedensbewegung. Sie bilden „Graswurzeln“, die sich auf dem Boden der Gesellschaft festsetzen und so ihre vollständige Erosion verhindern.
Wir sind bereit
Grenzen zu akzeptieren und unsere materiellen Bedürfnisse nicht schrankenlos eskalieren zu lassen.
Zu lernen, dass wir innerhalb eines sehr empfindlichen und verletzlichen Systems leben (Ökosystem) und daraus immer stärker unsere Handlungen auszurichten.
Wir sind bereit, alles Lebendige zu achten, seien es Pflanzen, Tiere oder Menschen. Insbesondere dort, wo Profitgier und Unverstand gewisse Tier- oder Pflanzenarten (auch Menschengruppen!!) mit der Ausrottung bedroht, wollen wir uns einsetzen.
Wir sind bereit, auch mit dem nichtlebenden Teil der Natur, mit den Rohstoffen, den Naturschätzen, der Landschaft sorgsam umzugehen. Wir wollen uns immer mehr bewusst machen, dass die Parole „einmal ist keinmal“ und „wenn nur ich es tue, macht das gar nichts“, eine tödliche soziale Falle sein kann.
Wir sind bereit, bei der Gestaltung, beim Schutz und bei der Wiederherstellung einer intakten Umwelt aktiv mitzuarbeiten, das kann von der Mitarbeit in der Regionalplanung bis zur Beseitigung von Autowracks gehen.
Wir sind bereit, unsere unmittelbare Umgebung entsprechend und sauber zu halten und von uns betriebene Maschinen und Geräte umweltfreundlich und emissionsarm zu betreiben (Lärm, Abgase).
Wir sind bereit, auf den Bau eines Wochenendhauses zu verzichten, wenn damit die Landschaft noch weiter zerstört wird.
Wir sind bereit, bei der Wohnraumbeschaffung kommunikativere Wohnformen wie etwa den verdichteten Flachbau der Errichtung des bodenverzehrenden Einfamilienhauses vorzuziehen.
Wir sind bereit, Artikel zu kaufen, die offenkundig umweltschädlich sind oder unnötig Rohstoffe und Energie verschleißen (Plastik, Aludosen, Spraydosen etc.)
Wir sind bereit zu einem systematischen Recycling unseres Mülls und wollen uns um eine entsprechende Infrastruktur bemühen (Aufstellen von Papier-, Glas- und Metallbehältern in Wohnquartieren etc.). Wir sind bereit, als Betroffene in Bürgerinitiativen mitzuarbeiten, wenn diese tatsächlich Interessen der Bürger vertreten.
Wir fordern
Auch wenn viele Einzelne bereit und willens sind, sich umweltbewusst zu verhalten, nützt dies wenig, wenn in den entscheidenden Bereichen, wie Industrie, Handel, Verkehr, Raumordnung, Landwirtschaft usw. die den Privatbereich – was die Folgen betrifft – bei weitem übersteigen, keine grundlegenden Änderungen eintreten. Man wird auf Dauer dem kleinen Mann schwerlich einreden können, seine Klärgrube ständig zu warten und sein Laub nicht abzuheizen, wenn gleichzeitig große Industrien völlig unbehelligt um ein vieltausendfach höheres Maß die Umwelt verschmutzen. Hier müssen tatsächlich Dimensionen und Größenordnungen gesehen werden.
Wir fordern deshalb:
Einen Baustopp in ökologisch- und unweltgefährdeten Gebieten. Eine Förderung des verdichteten Flachbaues und eine Revitalisierung vorhandener Bausubstanz anstelle von Neubauten (Altstadt).
Eine Reduktion der Ausbauparameter der Straßen, damit sie besser in die Landschaft eingefügt werden können.
Ein Programm, daß innerhalb von 20 Jahren die Stromleitungen unter die Erde bringt, um so die optische Umweltverschmutzung zu mildern.
Strengere Auflagen bei Seilbahnen und Liften in unberührten Bergregionen.
Einen naturnahen Wasser- und Straßenbau.
Einen Lärm- und Abgaskataster für alle Industrie- und Siedlungsräume welcher der Öffentlichkeit bekannt gemacht und jährlich fortgeschrieben wird.
Ein Lärmschutzgesetz, das von der Ursache ausgeht und nicht nur nachträglich die Schäden zu mildern versucht. Beispielsweise Maßnahmen an den Fahrzeugen selbst anstelle von hässlichen und teuren Lärmschutzwänden.
Eine Verschärfung der Abgasnormen für Kraftfahrzeuge.
Die Förderung des öffentlichen Verkehrs, insbesondere in den Städten.
Zur Schonung der Ressourcen fordern wir:
Ein Verbot der Wegwerfproduktion, wie Einwegflaschen, Aludosen, aufwendige Verpackungen, etc. oder eine hohe Umweltschutzsteuer auf solche Produkte.
Ein nationales Programm für umfassendes Recycling und eine entsprechende systematische Information der Bevölkerung.
Zur Schonung des Bodens halten wir es für unumgänglich, den biologischen und ökologischen Landbau zu forcieren und die weitere Chemisierung der Landwirtschaft, die nicht nur auf Dauer den Boden zerstört, sondern auch in größtem Ausmaß nicht erneuerbare Rohstoffe verbraucht (Erdöl), einzudämmen.
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Menschenrechte - solidarisch leben
Wir stellen fest
Wenn die Zeitungen berichten, dass wieder einmal in Afrika oder Asien eine Million Menschen vom Hungertod bedroht sind, entlockt uns das meist nur mehr ein müdes resigniertes Achselzucken. Zu ungeheuerlich sind diese Tatsachen, als dass wir sie in ihrer vollen Tragweite akzeptieren könnten. Die Verelendung der 3. Welt hat Ausmaße erreicht, die das Vorstellungsvermögen der Menschen in den reichen Ländern übersteigt. Das Bewusst sein, dass wir mit unserem Lebensstil in Österreich und in den anderen industrialisierten Ländern global gesehen eine kleine Minderheit, eine Insel sind, umgeben von einem Meer von Armut und Elend, muss sich erst langsam durchsetzen.
Erst kürzlich stellte der Welternährungsrat der UNO fest: „Die Zahl der unterernährten Menschen ist in den vergangenen 10 Jahren von 400 auf 455 Millionen gestiegen. Bis zu einem Drittel aller lebend geborenen Kinder sterben vor Erreichung des fünften Lebensjahres an den Folgen der Unterernährung“.
Hunger und Unterernährung sind nur die sichtbarsten und grausamsten Symptome einer strukturellen Fehlentwicklung, die historisch mit dem Beginn der kolonialen Eroberung ihren Ausgangspunkt hat. Heute ist es das internationale System, gesteuert von den Wirtschaftsmächten und Großkonzernen, das weiterhin Ungleichheit produziert und die Kluft zwischen arm und reich größer werden lässt.
Im Rennen um die letzten Rohstoffreserven in den Entwicklungsländern werden angesichts des Übermaßes an struktureller Gewalt die bewaffneten Konflikte zunehmen und sich die Gefahr eines großen Krieges, der auch uns treffen kann, erhöhen. Gleichzeitig fördern die Aussichtslosigkeit der Situation und die sich verschärfenden Gegensätze in den Ländern selber die Etablierung repressiver Regime, die nur durch systematische Menschenrechtsverletzungen den Bestand ihrer Herrschaft sichern können.
Wenn wir die Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen wollen, muss uns diese Situation mit größter Sorge und Empörung erfüllen, dass in einer Zeit, wo mit letzter technischer Raffinesse andere Planeten erkundet werden, auf der Erde der Hunger grassiert.
Wir haben Angst vor einem weltweiten Rückfall in die Barbarei, wenn es nicht gelingt, die zum Himmel schreienden sozialen Ungleichheiten zu beseitigen.
Wir haben Angst um die Zukunft unserer Kinder.
Wir sind überzeugt
Will man nach den Gründen für diese Situation fragen, so darf die historische Dimension nicht außer Acht gelassen werden. Die Unterentwicklung der 3. Welt hat ihre historische Wurzel in der kolonialen Beherrschung und Durchdringung der Kontinente der südlichen Halbkugel durch Europa und Nordamerika. Das betonen wir nicht, um eine historische Schuld zu konstruieren, sondern um falsche Vorstellungen von den Möglichkeiten der Überwindung dieser Situation zu vermeiden.
Die heutige Unterentwicklung der 3.Welt ist im Prinzip keine Zurückbleiben gegenüber den industrialisierten Ländern, sondern eine Fehlentwicklung. Die Entwicklungsstrategie kann also nicht in einer oberflächlichen Modernisierung nach westlichem Muster mit Kapitalspritzen und know how liegen. Auch dort, wo dies mit den Mitteln eines brutalen „Manchesterkapitalismus“ versucht wird (Iran, Brasilien), geht die Entwicklung am Großteil der Bevölkerung vorbei.
Vielmehr geht es darum, in der 3.Welt eine eigenständige, „autozentrierte“ Entwicklung zu fördern, die von den Lebensbedürfnissen aller dort lebenden Menschen ausgeht und sich einer angemessenen, einfachen Technologie bedient. Das kann in einem ersten Schritt durchaus eine teilweise Abkoppelung vom Weltmarkt bedeuten, weil dieser in seiner jetzigen Struktur die schwächeren Partner zwangsläufig überfordert.
Wir können dazu hier in Europa einen Beitrag leisten, indem wir jene Kräfte in den Entwicklungsländern unterstützen, die eine solche eigenständige Entwicklung von der Basis her anstreben, oder jene Länder, die einen solchen Weg bereits modellhaft beschreiben.
Gelingt es die sozialen Gegensätze abzubauen, so wird dies auch die Situation der Menschenrechte stärken. Jetzt müssen aber alle Anstrengungen unternommen werden, die ausufernde Gewalt staatlicher Repression und Unterdrückung einzudämmen und Menschenrechtsverletzungen immer und überall anzuprangern. Internationaler Druck, davon sind wir überzeugt, wirkt immer, wenn auch oft nach längerer Zeit.
Die 3. Welt macht uns aber nicht blind für die soziale Situation bei uns. Im Gegenteil: Vielfach findet gerade über den „goldenen Umweg“ in der 3.Welt eine Sensibilisierung für soziale Probleme im eigenen Land statt (einhergehend mit einer Politisierung). Wir erkennen, dass es auch hier eine 3.Welt gibt: Gastarbeiter, Kranke, Alte, erstaunlich viele, die am Existenzminimum leben müssen; Randschichten, die von der Gesellschaft ausgesondert werden, weil sie nicht in ihre Leistungsnormen passen. Auch ihnen gehört unsere Solidarität.
Wir sind bereit
Wir sind bereit, Kräfte in den Entwicklungsländern zu unterstützen, die eine eigenständige Entwicklung von der Basis her anstreben, oder jene Länder, die einen solchen Weg bereits modellhaft beschreiten.
Wir sind bereit, unsere Solidarität mit den Benachteiligten dadurch sichtbar zu machen, dass wir einen Teil unseres verfügbaren Einkommens regelmäßig für Unterstützungsprojekte verfügbar machen. Viele Mitglieder der EvG praktizieren dies bereits und finanzieren damit Projekte, die sie sich selber aussuchen. Manche geben bis zu einem Zehntel ihres Einkommens.
Wir sind auch bereit, die Bewusstseinsbildung vom Problem der 3. Welt durch Information und geeignete Aktionen weiterzutreiben und dadurch ein besseres Klima des Verständnisses bei der österreichischen Bevölkerung zu schaffen.
In der Praxis wird es so sein, dass ein Teil eher in der Lage ist, sich auf der finanziellen Ebene zu engagieren und ein anderer Teil wiederum mehr Zeit für Bewusstseinsbildung aufbringen will. Beide Dinge halten wir für gleich wichtig.
Wir sind bereit, Rassenvorurteile, wo immer wir sie antreffen, durch Aufklärung und Gegeninformationen abzubauen. Das gilt auch für Vorurteile gegenüber Minderheiten im eigenen Lande.
Wir sind bereit, uns für die Menschenrechte einzusetzen und jene Organisationen, die sich die Einhaltung der Menschenrechte zur Aufgabe gemacht haben – wie z.B. Amnesty International – tatkräftig zu unterstützen, namentlich bei Unterschriften-aktionen und Petitionen.
Wir sind bereit, die Realität anzuerkennen, dass es auch in unserem Lande beachtliche Gruppen gibt, die am Rande des Existenzminimums leben müssen, Randschichten, die in der Gesellschaft keinen Platz haben. Auch mit ihnen erklären wir uns genauso wie mit den Menschen in der 3. Welt solidarisch.
Wir fordern
eine an der Entwicklung der Benachteiligten, der ärmsten Menschen orientierte Entwicklungspolitik. Das bedeutet, dass nur solche Projekte finanziell und personell unterstützt werden, die der Beseitigung der absoluten Armut dienen, die Grundbedürfnisse der Menschen decken, die das soziale Gefälle in Entwicklungsländern nicht vergrößern. Dabei ist der Entwicklung der Landwirtschaft Vorrang zu geben, in der in den Entwicklungsländern durchschnittlich 66% der Bevölkerung arbeiten.
Eine Konzentrierung auf Schwerpunktländer, die politisch und sozial für die übrigen Entwicklungsländer ein Modell sind (Tansania).
Entwicklungshilfe bedeutet nicht Opfer oder Almosen, sondern sie ist eine Leistung, die wir den Armen und Hungernden schuldig sind.
Von den Politikern, dass sie die Ausrede vom geringen Bewusstseinsstand der Bevölkerung nicht mehr gebrauchen, sondern endlich Taten setzen, damit das Thema Entwicklungspolitik in den näheren Horizont des Österreichers tritt (z.B. Einbeziehung entwicklungspolitischer Inhalte in den Unterrichtsvollzug, entsprechende Ergänzung und Richtigstellung von Lehrbüchern, z.B. Entfernung europazentrierter und rassistischer Geschichtsauffassung, Aufnahme von neuer Literatur aus Entwicklungsländern etc., Bestellung eines Staatssekretärs für Entwicklungspolitik).
Wir fordern nicht, eine Erreichung des 0.7% Ziels bei der staatlichen Entwicklungshilfe, dass diese Ziffer hauptsächlich propagandistischen Wert hat, da die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass durch unser Ausbildungssystem keine Hilfestellung für die Befriedigung der Grundbedürfnisse (im Gesundheitswesen, im technischen Bereich) eines Entwicklungslandes gegeben ist.
Keine Zusammenarbeit mit rassistischen Regimen, mit Entwicklungsländern, in denen die Menschenrechte grob verletzt werden und mit Ländern, die einen größeren Teil ihres Budgets für Rüstungszwecke verwenden, wie z.B. Brasilien, Chile, Persien.
Unterstützung von Projekten und Zusammenarbeit mit Ländern der 3.Welt im Bereich der Forschungs- und Bildungsarbeit, bei der Entwicklung einfacher und energiesparender Technologien, vor allem in der Landwirtschaft.
Dass Österreich sich in den entsprechenden internationalen Gremien für Abrüstung auch in Hinblick auf Entwicklungsländer stark macht: nur 5% der jährlichen Weltrüstungsausgaben hätten geholfen, die Ziele der 2. Entwicklungsdekade zu erreichen. Waffenlieferungen an die entsprechenden Länder der 3.Welt fördern Stellvertreterkriege, wo es vor allem um wichtige Rohstoffquellen geht. Ihr Besitz solle sich nicht am Waffenpotential entscheiden.
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