Der Einfluss Europas, der USA, Russlands und Chinas auf die Staaten Afrikas
Vortrag von Karl Kumpfmüller
EvG
on Mo., 13.11.2023 - 15:50
Am 06.März 2023 hielt Dr.Karl Kumpfmüller [Friedensforscher, Initiator der entwicklungspolitischen Lehrveranstaltungen und des Global Studies-Programms an der Karl-Franzens-Universität Graz] auf Einladung der Erklärung von Graz, einen Vortrag zur Thematik des ausländischen Einflusses auf die afrikanischen Staaten durch Europa, die USA, Russland sowie China. Im neuen „scramble for Africa“ versuchen aktuell verschiedene Mächte, ihren Einfluss auf den afrikanischen Kontinent gezielt auszuweiten. Dies geschieht auf verschiedene Weise und hierbei wird die Bedeutung von Entwicklungszusammenarbeit als mögliches Instrument zur Einflussnahme auf andere Staaten deutlich.
Europa
- Zeit des Kolonialismus und damit verbundene vielfältige Einflussnahme: u.a. Beeinflussung der einheimischen Kultur und ein Ersetzen dieser durch europäische Ideale und die immense Bereicherung der europäischen Staaten durch Ausbeutung der Kolonien und fehlende Entschädigung seitens der (Ex-)Kolonialmächte
- Brutale Verbrechen gegen die autochthone Bevölkerung Afrikas und Auslöschung von menschlichen Leben in enormen Ausmaßen teilweise bis heute keine Anerkennung und Wiedergutmachung seitens der ehemaligen Kolonialmächte; z.B. Massaker gegen die Herero und Nama durch die deutsche Kolonialmacht (über 50.000 Opfer) → Anerkennung als Völkermord durch die deutsche Bundesregierung geschah erst im Jahr 2015
- Koloniale Transformierung der afrikanischen Wirtschaften; z.B. in extensive Plantagenökonomien → florierender Handel mit enormem Profit für Europa durch Ausbeutung der afrikanischen Bevölkerung sowie der Natur
- Einfluss durch Bereitstellung von Bildung → z.B. Vergabe von Stipendien für afrikanische Studierende in Europa und eine damit einhergehende Schwächung der afrikanischen Identität durch Bildung und Sozialisierung im europäischen Stil
- Auswirkungen auf psychosozialer Ebene: Ungleiche Machtverhältnisse zwischen (weißen) EuropäerInnen und AfrikanerInnen spiegeln sich in den Verhaltensweisen der Menschen wider
- Zeit des geteilten Deutschlands: Verweigern von Entwicklungsgeldern seitens der BRD, sollten andere Staaten die DDR anerkennen → teilweise Übernahme dieser Position durch die Weltbank (Hallstein-Doktrin)
- Deutschland: Berliner Konferenz → ursprünglich zur Aufteilung des Kongo sowie des umliegenden Gebietes; schließlich Aufteilung von beinahe jedem Land in Afrika durch die Kolonialmächte unter Nichtbeachtung der lokalen Grenzziehungen - Afrika wurde zu „europäischem Kontinent“, die Grenzen wurden nach der formalen Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten beibehalten
- Weiter bestehende Abhängigkeiten nach dem offiziellen Ende der Kolonialzeit, beispielsweise land grabbing: Pachten von afrikanischem Grund für die eigene Produktion – jenes Land fehlt den AfrikanerInnen für ihre Versorgungssicherheit
- Blick in die Zukunft: Erneut Bereitstellen von Bildung als Möglichkeit für Europa, um Einfluss auf Afrika zu gewinnen?
USA
- Teils Unterstützung von afrikanischen Unabhängigkeitsbewegungen aufgrund des hohen Anteils von AfrikanerInnen in den USA; zum Missfallen der europäischen Kolonialisten
- USA plante, nach der offiziellen Unabhängigkeit Einfluss auf die ehemaligen Kolonien zu gewinnen und diese in das kapitalistische Weltwirtschaftssystem einzugliedern
Russland
- Grundsätzlich minimaler wirtschaftlicher Einfluss auf Afrika aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Schwäche
- In der Vergangenheit Unterstützung der afrikanischen Freiheitsbewegungen durch Russland
- Jedoch militärische Präsenz von Wagner-Söldnern in bestimmten Ländern (z.B. Mali, Zentralafrika) → diese enthalten sich aufgrund der Einflussnahme einer Stimme in Bezug auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und wahren Neutralität
- Pro-russische Desinformationskampagnen in sozialen Medien in Afrika → Versuch, Wahlen in Afrika im Sinne der russischen Politik zu beeinflussen • Versuch einer Einflussnahme auf den Kongo aufgrund seiner Ressourcen
- Russland als Teil der BRICS-Union: Beziehungen zum Mitgliedsstaat Südafrika
China
- China unter Mao noch ein Agrarstaat und keine industrialisierte Nation → wollte Industrialisierung grundsätzlich ohne westliche Hilfe durchführen und lehnte Importe ab und forcierte Eigenversorgung (Importsubstituierende Industrialisierung) → erfolgreiche Strategie
- Sukzessive Öffnung Chinas nach dem Tod Mao Zedongs
- Investitionen in die afrikanische Infrastruktur (Verkehrswege, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen etc.)
- Klassische Entwicklungshilfe in Form von Krediten in beachtlicher Höhe, teilweise EZA-Gelder als Geschenk → China besitzt enorme Währungsreserven aufgrund seiner Handelsüberschüsse und kann damit günstige Kredite vergeben
- China gibt ein Vielfaches des Betrags aus, den Europa für die afrikanischen Staaten bereitstellt
- Errichten von Militärstützpunkten in Afrika sowie Waffenhandel mit afrikanischen Ländern
- Verlagerung von chinesischer Produktion in afrikanische Staaten und die damit einhergehende Verdrängung von afrikanischen Industriezweigen; v.a. Textilindustrie→ Afrika als ausgebeutete „Werkbank“ für den Rest der Welt
- Ebenso Bedeutung für den Klimawandel: chinesische Ware, die in Afrika produziert wird, wird in den Rest der Welt transportiert → Grund für die Verlagerung der Produktion: niedrigere Produktionskosten (u.a. niedrige Löhne)
- China ist ebenso Teil der BRICS-Staaten und pflegt daher Kontakt zu Südafrika
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